Nebel über Carcassonne – Carcassonne endlich kooperativ
„Nebel über Carcassonne“ vom Hans im Glück Verlag, ist ein Plättchen-Legespiel aus der Reihe Carcassonne für 1 bis 5 Spieler von Klaus-Jürgen Wrede.
Dichter Nebel verschluckt ganz Carcassonne und selbst die tapfersten Ritter zittern, da der Nebel die Seelen der Katharer erweckt…
Ein Blick in die Spieleschachtel
Materialtechnisch ist alles top und gegenüber dem bekannten Carcassonne-Material gibt es keinerlei Veränderung. Neben dem Plättchen gibt es eben noch die Meeple, ein Punkte-Tableau sowie ein Übersichtsboard und das war es dann auch schon.
Ich muss gestehen, dass ich von der Anleitung nicht komplett begeistert bin. Klar, für erfahrene Carcassonne-Spieler ist alles einleuchtend und man muss nur die Besonderheiten lernen. Steigt man aber als dann eher unerfahrene Spieler-Familie, die mit dem Lesen von Anleitungen weniger Erfahrung hat, mit diesem Spiel in das Universum von Carcassonne ein, bedarf es doch ein wenig „Arbeit“ die Regeln zu verstehen. Hier hätte man deutlich strukturierter vorgehen können bzw. müssen.
Das grundlegende Spielsystem von Carcassonne
Den meisten Spielern unter euch dürfte das grundlegende Spielsystem von Carcassonne bekannt sein. Deshalb hier nur in aller Kürze. Im Anschluss werde ich euch dann die Besonderheiten dieses Spiels vorstellen.
Carcassonne ist ein klassisches Plättchen-Legespiel. In eurem Zug zieht ihr einfach ein Plättchen und platziert dieses. Die hierbei zu beachtenden Regeln sind super einfach. So muss das neue Plättchen einfach „passen“. Ihr dürft also nur Burg an Burg, Straße an Straße oder Wiese an Wiese anlegen. Nun dürft ihr noch einen eurer Meeple auf die Straße, die Burg oder die Wiese des soeben platzierten Plättchens stellen, um dadurch später Punkte zu erhalten. Diese erhaltet ihr, sobald es zu einer Wertung des entsprechenden Abschnitts kommt, auf dem sich euer Meeple befindet. Zum Beispiel erhaltet ihr die Punkte für einen Meeple in einer Burg, sobald diese abgeschlossen ist. Im Rahmen von Erweiterungen kommen weitere Platzierungsmöglichkeiten hinzu. Schon ist der nächste Spieler am Zug.
Die kooperative Variante des Spiels und die Nutzung als Erweiterung
Nebel über Carcassonne ist nun eine kooperative Variante des Brettspiels.
Doch bevor wir zu dieser im Detail kommen, möchte ich euch kurz was zu der Nutzung des Spiels als Erweiterung erzählen. Diese Möglichkeit ist klasse und super erdacht, da man so alle Spielertypen und insbesondere auch die alten Carcassonne Fans anspricht, die das Spiel weiterhin kompetitiv spielen möchten und so durch Geister und Friedhöfe neue Elemente erhalten.
Hierzu liegt dem Spiel ein extra Regelblatt bei. Ihr spielt nach den bekannten Regeln der kompetitiven Version mit kleinen Änderungen.
Zu Spielbeginn mischt ihr die 60 Plättchen einfach zu den Plättchen des Grundspiels. Zieht ihr nun ein Nebelplättchen könnt ihr den Nebel entweder erweitern oder zerstören. Ihr erweitert einen Nebel indem der Nebel des neuen Plättchens an mindestens einer Seite eines bereits liegenden Nebels angrenzt. Dann müsst ihr einen Geist zu einem beliebigen Meeple eines Mitspielers stellen. Ein Nebel wird zerstört, wenn ihr Nebel an einer Seite ohne Nebel anlegt. In diesem Fall müsst ihr einen Geist zu einem Meeple von euch stellen. Die Krux hierbei ist es nun, dass sich eure „normalen“ Meeple erschrecken, wenn ein Geist neben ihnen steht und sobald es der dritte Geist ist flüchtet euer Meeple und ihr müsst ihn und die Geister vom Spielfeld entfernen. Des Weiteren werden euch je Geist 2 Punkte im Rahmen der Wertung abgezogen. Dies führt dazu, dass ihr auch negative Punkte erhalten könnt.
Eine andere Funktion als in der kooperativen Variante erfüllen nun die Friedhofsplättchen. Zieht ihr einen Friedhof, müsst ihr diesen regelkonform platzieren und dürft einen Meeple als Friedhofswärter auf diesen stellen. Die Wertung wird ausgelöst, sobald der Friedhof komplett – auch diagonal – umschlossen ist.
Insgesamt finde ich die Nutzung als Erweiterung nett – nicht mehr aber auch nicht weniger.
Herzstück und absolute Neuheit ist natürlich das Spiel als kooperative Version. Gemeinsam versucht ihr hier eine vorgegebene Punktzahl zu erreichen bevor euch die Plättchen ausgehen oder (und das wird sehr oft geschehen) ihr keine Geister mehr platzieren könnt. In diesen beiden Fällen endet euer Spiel sofort und ihr habt leider verloren.
Mit den Nebelplättchen, den Schlössern und den Friedhöfen kommen schlussendlich nur 3 neue Landschaftsplättchen in das Spiel. Schauen wir uns kurz die 3 Plättchen und die entsprechenden zu beachtenden Regeln an.
Auf einem Nebelplättchen befindet sich immer, der Name sagt es ja auch, Nebel und zusätzlich wird eine bestimmte Anzahl von Geistern angezeigt, die ihr auf dieses Plättchen legen müsst. Zieht ihr ein Nebelplättchen, müsst ihr dieses natürlich in die Landschaft einbauen. Hier gelten die üblichen Legeregeln. Beachten müsst ihr nur, dass ein Nebel immer eine Straße oder Wiese überdeckt und ihr diesen deshalb auch an eine Straße oder Wiese anlegen dürft, was jedoch zur Folge hat, dass dieser Nebel niemals abgeschlossen werden kann. Ihr werdet gleich verstehen, was dies bedeutet. Erweitert ihr durch das Anlegen einen bereits bestehenden Nebel, so müsst ihr auf dem soeben gelegten Plättchen einen Geist weniger stellen, als angegeben. Beginnt ihr durch das Platzieren des Plättchens einen neuen Nebel, so müsst ihr die auf dem Plättchen angezeigte Anzahl an Geistern platzieren. Ihr verliert das Spiel sofort, wenn ihr keine Geister mehr auf das Plättchen stellen könnt. Schließt ihr einen Nebel ab, so entfernt ihr alle Geister des Nebelfelds und legt diese zurück in den Vorrat.
Dann gibt es noch den Friedhof, der ein sehr unbequemes Landschaftselement für euch ist. Zunächst einmal passiert nichts und ihr legt den Friedhof einfach in eure Landschaft. Doch nun wird es heikel für euch. Immer dann, wenn ihr nun mindestens einen Geist platzieren müsst, müsst ihr zusätzlich einen weiteren Geist auf jeden offenen Friedhof stellen. Ihr müsst Friedhöfe daher schnell schließen. Dazu müsst ihr diesen an den vier Seiten (oben, unten, links und rechts) umbauen. Unmittelbar nach Schließung eines Friedhofs müsst ihr außerdem einen eurer auf dem Spielplan stehenden Meeple beerdigen und auf den Friedhof legen. Es gibt auch nicht nur einen Friedhof, sondern 5. Schließt Friedhöfe schnellstmöglich, da das Spiel ansonsten schneller vorbei ist, als es begonnen wurde.
Dann kommen noch 5 Schlösser ins Spiel. Auf Schlösser könnt ihr Meeple einsetzen. Sobald das Schloss von allen 8 Seiten umbaut ist, erhaltet ihr 2 Punkte für jedes Plättchen auf dem Nebel abgebildet ist - inklusive des Schlosses selbst. Maximal könnt ihr also auf 18 Punkte kommen.
Zusätzlich kommen, ab Level 3, noch die Hunde Rufus und Ronja ins Spiel. Beim Spielaufbau müsst ihr 3 Stapel á 20 Karten bilden. Ziehen dürft ihr immer nur von einem Stapel und ihr müsst eine Mindestpunktzahl erreichen, bevor der Stapel aufgebraucht ist. Zugriff auf die Hunde erhaltet ihr dann, wenn ihr diese Punktzahl erreicht habt. Da ihr die übrigen Plättchen dann immer oben auf den nächsten Stapel legen dürft, und demzufolge mehr Zeit bzw. Plättchen habt lohnt es sich, die Zwischenziele zeitnah zu erreichen. Unmittelbar nach Erreichen bzw. Überschreiten des entsprechenden Zwischenstands nehmt ihr den Hund und legt diesen zu einem beliebigen Meeple auf dem Spielbrett und dürft dann sofort 3 Geister von 2 unterschiedlichen Plättchen im direkten Umkreis des Hundes entfernen. Der Hund bleibt nun solange beim Meeple stehen, bis dieser gewertet wird. Zusätzlich zur Punktzahl für den Meeple bekommt ihr jetzt 1 Punkt je Geist, der sich zu diesem Zeitpunkt auf allen Landschaftsplättchen befindet.
Im Rahmen der Punktewertung gibt es hier eine Besonderheit, die euch immer wieder vor die Qual der Wahl stellt und für diese Version ein unverzichtbares Element darstellt. Ihr dürft nämlich entweder die erzielten Punkte nehmen oder aber auf die Punkte verzichten und dafür aber maximal 3 Geister von genau einem Plättchen entfernen. Diesen Umstand müsst ihr euch unbedingt zu Nutzen machen und auf wenig Punkte zugunsten der Entfernung von Geistern verzichten.
In 6 Leveln durch den Nebel
Sechs unterschiedliche, vom Schwierigkeitsgrad ansteigende, Level umfasst das Spiel. Dieser Aufbau ist klasse und unheimlich motivierend.
Das erste Level ist vor allem für Einsteiger in das Carcassonne-Universum interessant, um sich mit den Grundstrukturen des Spiels vertraut zu machen. Des Weiteren ist das Level auch super geeignet, um den jüngeren Nachwuchs an Spiele dieser Art heranzuführen.
Nach und nach kommen dann die weiteren Elemente hinzu und der Schwierigkeitsgrad steigt spürbar an. In Level 2 sind es die Friedhöfe und Schlösser und ab Level 3 noch die Hunde Rufus und Ronja. Wie oben dargestellt, müsst ihr nun auch Zwischenziele erreichen. Und als wäre das alles noch nicht genug, ist der Friedhof ab Level 5 auch noch verhext.
Die optimale Spieleranzahl
Konzipiert ist das Spiel für 1 bis 5 Personen. Ehrlicherweise muss man schon sagen, dass sich das Spiel stark wie ein Solo-Spiel anfühlt und sich auch so spielt. Ihr zieht eben einfach Plättchen und wenn ihr mit mehreren Personen spielt beratschlagt ihr, wo das Plättchen am besten anzulegen ist. Im Falle von Uneinigkeit bestimmt der aktive Spieler den Ort.
Ich liebe kooperative Spiele, spiele diese aber auch meistens nur zu zweit. Egal in welcher Teilnehmerzahl kann ein Spiel auch nach nur 10 Minuten zu Ende sein. Die auf der Spieleschachtel angezeigten 35 Minuten Spieldauer haben wir nie benötigt. Eine erfolgreiche Partie dauert bei uns im Schnitt gut 20 Minuten.
Fazit
Carcassonne, welches ja vor rund 22 Jahren erschienen ist, ist das wohl bekannteste und beliebteste Plättchen-Legespiel und wir Fans durften uns über zahlreiche Erweiterungen und auch über zahlreiche Stand-Alone-Spiele freuen. Eine Sache fehlte mir aber immer und nun wurde ich endlich erhört. Nebel über Carcassonne ist nämlich eine kooperative Variante des Klassikers und so müssen wir uns alleine oder mit Freunden den Herausforderungen stellen, die es wirklich in sich haben.
Grundsätzlich hat sich am Spielsystem nichts geändert. Wir ziehen Plättchen und legen diese, natürlich den Regeln entsprechend, an unsere Landschaft an. So entwickelt sich diese immer weiter. Die Besonderheit hier ist es, dass sich Nebel über Carcassonne als Erweiterung spielen lässt aber auch und das ist der absolute Knaller eigenständig als kooperatives Spiel. Hier wird die südfranzösische Region von einem unheimlichen Nebel heimgesucht, der sich unaufhörlich ausbreitet und Geister hervorbringt.
Das Spiel macht alles richtig und selbst dann, wenn ihr noch nie ein Carcassonne-Spiel gespielt habt könnt ihr sofort einsteigen, da das Spiel in 6 Stufen eingeteilt ist, die vom Schwierigkeitsgrad immer weiter ansteigen und neue außerdem neue Elemente beinhalten. So geht es ganz gemächlich los und im ersten Level könnt ihr euch zunächst einmal mit dem Grundmechanismus vertraut machen. Dieser Einstieg eignet sich insbesondere auch für jüngere Spieler. Bereits ab Level 2, wenn die Friedhöfe ins Spiel kommen, wird es dann aber schon knackiger und ihr werdet einige Anläufe benötigen, um hier die gesetzten Anforderungen zu erfüllen.
Level 2 bis 4 sind, das notwendige Quäntchen Glück vorausgesetzt, noch gut machbar. Level 5 ist dann, aus meiner Sicht, nur machbar, wenn es wirklich rund läuft. Ja und dann wäre da noch Level 6, in welchem jeder Spieler im Rahmen der Punktewertung seine eigenen Punkte erhält und auch die Zwischenziele erst als erfüllt gelten, wenn jeder Spieler die geforderten Punkte erreicht hat. Wir waren bis jetzt nicht einmal annähernd dran, das Level zu meistern. Momentan glaube ich auch, dass es einfach nicht möglich ist - zumindest kenne ich niemanden, der es schon geschafft hat.
Klar muss man aber sagen, dass auch ein wenig Glück beim Ziehen der Plättchen dazugehört bzw. funktioniert es ohne Glück in diesem Spiel nicht. Zieht man, zum Beispiel, kurze Zeit hintereinander 2 Friedhöfe und gelingt es einem nicht, einen Nebel abzuschließen, ist es mit dem Spielvergnügen sehr schnell vorbei. Doch in meinem Spielegruppen hat dies nie jemanden gestört. Im Gegenteil sogar, es hat uns angestachelt, es sofort noch einmal zu versuchen. Da die Spielzeit auch nicht hoch ist, stellt dies, aus meiner Sicht, keinen Problempunkt dar.
Taktisch müssen erfahrene Spieler auf jeden Fall umdenken, denn es gilt immer ganz genau zu überlegen und abzuwägen ob man denn nun auf Punkte geht oder doch die Sicherheit bevorzugt – ein ständiger Drahtseilakt. Und ohne gemeinsame Planung geht es auch bei der Wertung für die Burgen nicht. Versucht man im „normalen“ Spiel seine Gegenspieler zu hindern in die eigene große Burg „einzudringen“, so muss man hier, durch geschicktes Einsetzen der Meeple, genau das erreichen, um die Burg-Wertung zu verdoppeln. Ohne dies werdet ihr niemals die geforderten Punkte erreichen.
Eine Regel, die scheinbar oft vergessen wird, möchte ich noch einmal ins Gedächtnis rufen, denn wenn ihr diese nicht beachtet, werdet ihr scheitern. Erweitert ihr nämlich einen Nebel, so müsst ihr einen Geist weniger als auf dem Plättchen zu sehen ist platzieren. Macht euch diesen Umstand immer zu Nutzen.
Insgesamt ein ganz tolles Spiel mit absolutem Suchtpotential und eine absolute Empfehlung für alle Freunde von kooperativen Spielen.
Comments