Tang Garden – Wir errichten einen chinesischen Garten
„Tang Garden“, bei Skellig Games erschienen, ist ein taktisches Plättchenlegespiel für 1 bis 4 Spieler ab 14 Jahren von Francesco Testine und Pierluca Zizzi.
Wir sind dazu auserkoren, einen chinesischen Garten, mit allem was dazu gehört, zu errichten. Der Garten wird ständig inspiziert und die geschaffene Landschaft bewundert.
Ein Blick in die Spieleschachtel
Was für ein Spielmaterial. Extraklasse ist das wohl das passende Wort. Sämtliche Illustrationen, zum Beispiel auf den Landschaftstafeln oder den Dekorationskarten, sind super stimmungsvoll und passen perfekt zum Thema. Das Pappmaterial hat eine tolle Dicke und die beiliegenden Miniaturen strotzen vor Details. Ein Extralob auch für das weiße Spielbrett, welches im Spielverlauf immer mehr an Farbe gewinnt. Hier ist alles absolut perfekt.
In dem Inlay lässt sich das Material gut verstauen. Lediglich die Bäume müssen immer wieder auseinandergenommen werden.
Auch die Anleitung ist erstklassig. Fragen bleiben keine offen und mit dem Spielen kann zügig begonnen werden. Dazu fühlt sich die Anleitung auch noch echt toll an. Auch hier wurde auf eine herausragende Qualität geachtet.
Das Spielsystem
Das Spielsystem des Spiels ist sehr schnell verstanden und prinzipiell kann man die Regeln gut in 15 Minuten einem neuen Spieler erklären. Zur Verinnerlichung der taktischen Finessen und zur Entwicklung einer eigenen Spielstrategie bedarf es dann allerdings ein paar Partien. Der Aufbau des Spiels ist nicht schwierig, nimmt aber etwas mehr Zeit in Anspruch.
Zu Spielbeginn erhält jeder Spieler einen
zufälligen Startcharakter und dadurch bereits einen Schritt auf der Geländeleiste in der entsprechenden Kategorie. Mit der Grünflächen-, Wasser- und Felsenleiste, gibt es drei Kategorien, auf denen ihr dann durch Platzierung der entsprechenden Gartenplättchen weiter voranschreitet. Auf dieses System kommen wir später zurück. Des Weiteren weist jeder Charakter eine spezielle Fähigkeit und einen bevorzugten Anblick auf, was ich euch in der Vorstellung der Charaktere einmal kurz darlegen werde.
Der aktive Spieler kann lediglich zwischen zwei Pflichtaktionen wählen.
Zum einen könnt ihr ein Gartenplättchen anlegen. Hierzu wähl ihr eines der offenliegenden Plättchen und platziert es. Wichtig ist, dass im Anschluss nicht sofort ein neues Plättchen aufgedeckt wird. Es werden erst wieder alle Plättchen aufgedeckt, wenn der Spieler zum Rundenbeginn nur noch ein offenes Plättchen zur Auswahl hat oder nachdem die Aktion „Eine Dekoration platzieren“ durchgeführt wurde. Somit habt ihr definitiv immer mindestens zwei unterschiedliche Gartenplättchen für euren Zug zur Verfügung.
Bei der Platzierung sind lediglich 2 einfache Legeregeln zu beachten. So muss das Plättchen immer angrenzend an ein bereits liegendes Plättchen gelegt werden und die angrenzenden Kanten müssen dabei den gleichen Typ aufweisen. Ausnahme sind hier die Plättchen mit einer Mauer, die überall angelegt werden können. Wie bei der Masse der Spiele dieser Art gilt diagonal nicht als angrenzend.
Anschließend wird sofort die Belohnung überprüft. Für jede übereinstimmende Kante, wird der entsprechende Geländemarker, auf eurem Spielertableau, um ein Feld weiter nach vorne bewegt. Bei Wegen erhaltet ihr eine Münze je passender Kante. Für je 2 erhaltene Münzen dürft ihr auch einen beliebigen Geländemarker um ein Feld weiterbewegen. Wenn ihr durch das Anlegen eines Gartenplättchens einen Bereich komplett umschließt, bewegt ihr den entsprechenden Marker um ein weiteres Feld weiter. Wichtig hierbei ist, dass auch die bereits angesprochenen Mauern einen Bereich abschließen.
Platziert ihr euer Gartenplättchen auf einem Feld mit einem Landschaftsmarker, so nehmt ihr diesen und platziert, je nach Marker, eine kleine oder große Landschaftstafel. Diese Landschaftstafeln weisen Symbole auf, die im Rahmen der Schlusswertung für den bevorzugten Anblick von Charakteren interessant sind. Dies ist eine gute Gelegenheit, um euch ein klein wenig was zu den Charakteren im Spiel zu erzählen.
Im Spiel gibt es 6 Startcharaktere und 6 „allgemeine“ Charaktere. Zu Spielbeginn erhält jeder Spieler einen der Startcharaktere. Die restlichen Startcharaktere werden mit den „allgemeinen“ Charakteren zu einem Stapel gemischt und die beiden obersten Karten werden aufgedeckt. Jeder Charakter, mit Ausnahme der Dame und des Kaisers die keine Charakterfähigkeit besitzen, weist eine Charakterfähigkeit und einen bevorzugten Anblick auf.
Die Charakterfähigkeit gibt euch immer einen Bonus. So erhaltet ihr bei allen Startcharakteren Münzen, wenn ihr etwas Bestimmtes platziert. Bei den „allgemeinen“ Charakteren erhaltet ihr ebenfalls einen Bonus, zum Beispiel bei der Schwerttänzerin, 1 Münze, wenn ihr einen Landschaftsmarker vom Spielbrett nehmt. Münzen bedeuten am Spielende Siegpunkte und eine Münze ist einen Siegpunkt wert.
Von besonderem Interesse sollte für euch immer der bevorzugte Anblick sein. Jeder Charakter möchte etwas Bestimmtes sehen und das solltet ihr auch ermöglichen, denn dafür gibt es am Spielende Münzen, die über Sieg oder Niederlage entscheiden können. Was der Charakter sieht, richtet sich nach den Symbolen auf den kleinen und großen Landschaftstafeln, die sich in Blickrichtung befinden.
Durch eine Nebenaktion könnt ihr nun
einen Charakter beeinflussen. Dies ist möglich, sobald alle 3 Geländemarker das entsprechende Feld auf eurem Spielertableau erreicht haben. Nun könnt ihr entweder eine der beiden offenliegenden Charakterkarten auswählen oder eine verdeckte Karte vom Stapel ziehen. Nachdem ihr nun die entsprechende Miniatur genommen habt, müsst ihr einen der nun vor euch liegenden Charaktere auf dem Spielbrett platzieren, da ihr immer nur einen aktiven Charakter vor euch liegen haben könnt, dessen Fähigkeit ihr nutzen dürft. Den anderen Charakter platziert ihr nun auf einem freien Charakterfeld. Achtet hierbei auf die Blickrichtung da diese bestimmt, welche Landschaftstafeln in seinem Bereich liegen. Insgesamt könnt ihr so bis zu drei Charaktere platzieren, die am Spielende dann Münzen bzw. Siegpunkte wert sind.
Prinzipiell ist die Ausbalancierung der unterschiedlichen Charaktere recht in Ordnung. Lediglich die Kaiserin und die Dame empfinde ich als stärker.
Die zweite mögliche Pflichtaktion ist die
Platzierung einer Dekoration. Möchte man diese Aktion durchführen, so werden 2 Karten und eine weitere für jeden der 4 Stapel auf dem kein offenes Gartenplättchen liegt, auf die Hand gezogen und der Spieler wählt eine davon aus.
Dekorationen sind das wesentliche Element zum Sammeln von Siegpunkten. So gibt es Vögel, Fische, Lotusrosen, Pfingstrosen, Brücken, Pavillons und 5 verschiedene Bäume. Je nach Erfüllung der Voraussetzungen erhaltet ihr Münzen im Rahmen der Schlusswertung. So gibt es, zum Beispiel, immer mehr Münzen je mehr unterschiedliche Bäume ihr gepflanzt habt oder Münzen für die Mehrheit an errichteten Pavillons. Bei den Tieren und Blumen müsst ihr immer Paare sammeln.
Eine weitere wichtige Nebenaktion ist die Nutzung eurer Laternen. 4 unterschiedliche Laternen stehen euch zur Verfügung, die ihr nutzen könnt und anschließend steht euch dann die entsprechende Fähigkeit zur Verfügung.
So könnt ihr 2 Dekorationen oder Gartenplättchen platzieren, einen bereits platzierten Charakter neu platzieren oder ihr dürft den Charakter- bzw. den Gartenplättchenstapel durchschauen und eine Karte eurer Wahl nehmen.
Nach Nutzung müsst ihr euer Laternenplättchen auf die inaktive Seite drehen und könnt das Plättchen durch Abgabe von 3 (im Spiel mit 2 Personen durch Abgabe von 4) Landschaftsmarkern wieder reaktivieren.
Das Spielende wird eingeleitet, sobald nur noch höchstens 3 Landschaftsmarker auf dem Spielbrett befinden oder sobald 1 der 4 Stapel mit Gartenplättchen aufgebraucht ist. Die laufende Runde wird noch zu Ende gespielt und es geht an die Schlusswertung.
Die optimale Spielerzahl
Konzipiert ist das Spiel für 1 bis 4 Spieler. Auf den Solo-Modus gehe ich gesondert ein.
In Vollbesetzung konnte ich das Spiel, aufgrund der momentanen Situation, nicht testen. Aus meiner Erfahrung bei Spielen denke ich aber, dass es keinen wesentlichen Unterschied zwischen dem Spiel mit 3 oder 4 Personen gibt.
Mir persönlich haben sowohl die Partien zu zweit wie auch zu dritt gefallen. Wobei ich etwas mehr Spaß mit 3 Personen hatte. Im Spiel mit 2 Personen ist das Spiel deutlich „ruhiger“ und die Konfrontationen sind weniger, da sich jeder Spieler auf seine Dinge konzentriert. Mitunter war es sogar so, dass ein Spieler sehr stark auf Dekorationen ging, wohingegen sich der andere Spieler verstärkt auf das Legen der Gartenplättchen konzentriert hat. Bei 3 Personen kommt es dann eher zu Konfrontationen.
Mit den angegebenen 45 Minuten kamen wir nie hin. Wir lagen immer bei gut 60 bis 80 Minuten. Ich persönlich hätte mir im Spiel mit zwei Personen eine kleine Anpassung beim Einleiten des Spielendes gewünscht, da sich manche Partien dann zum Ende hin doch etwas gezogen haben.
Sehr gelungen ist der Solo-Modus, der sich ein wenig von der Mehrpersonenvariante unterscheidet. Euer Ziel ist es, den Innenbereich des Spielbretts mit Gartenplättchen zu belegen. In diesem Fall gewinnt ihr sofort und könnt euer Ergebnis mit der Tabelle in der Anleitung vergleichen. So etwas gefällt mir immer sehr gut, da man so seinen eigenen Erfolg gut messen kann. Das Spiel endet sofort wenn es, auch unter Einsatz einer Laterne, nicht möglich ist, ein Gartenplättchen und die Dekoration zu platzieren oder wenn ein Stapel der Gartenplättchen aufgebraucht ist.
Der Spielaufbau gestaltet sich ein wenig anders. Neben jedem der 4 Gartenplättchen liegt jeweils eine offene Dekorationskarte. Des Weiteren werden nur 8 Landschaftsmarker platziert.
Bist du am Zug entscheidest du dich für
eines der Gartenplättchen und musst dieses sowie die Dekorationskarte nehmen und beides platzieren. Anschließend wird das in der gegenüberliegenden Ecke liegende Gartenplättchen und die Dekorationskarte genommen. Die Dekorationskarte kommt auf einen Ablagestapel in eine Auslage neben dem Spielfeld. Nun werden lediglich noch die 2 Gartenplättchen wieder aufgedeckt und neben jedes der beiden Plättchen kommt noch eine neue Dekorationskarte.
Bei der Platzierung einer Landschaftstafel darf der erste Slot frei gewählt werden. Allerdings muss eine weitere Landschaftafel auf die gegenüberliegende Seite gesteckt werden. Ihr dürft 4 Landschaftsmarker abgeben, um eine beliebige Dekoration vom Spielfeld zu entfernen. Auch die Beeinflussung von Charakteren ist im Solo-Spiel möglich. Neben eurem Startcharakter könnt ihr, wenn ihr 10, 20 oder 30 Münzen erhalten habt, einen weiteren Charakter beeinflussen. Setzen tut ihr euren gewählten Charakter allerdings erst am Ende des Spiels. Allerdings müsst ihr immer bei der Beeinflussung den nicht gewählten Charakter auf einem Charakterfeld platzieren. Dieser blockiert euch dann ein mögliches Setzfeld.
Da im Solo-Spiel die Spielertableaus nicht genutzt werden, gibt es auch keinen Fortschritt auf den Geländeleisten. Stattdessen erhaltet ihr für jede passende Kante eine Münze.
Der Solo-Modus ist echt klasse und macht großen Spaß. Freunde des gepflegten Solo-Spiels sollten definitiv einen Blick riskieren.
Fazit
„Tang Garden“ lässt mich ein wenig zwiegespalten zurück.
Auf der einen Seite wären da die positiven Faktoren, mit denen ich gerne beginnen möchte. Auf dem Tisch aufgebaut strahlt das Spiel eine unheimliche Präsenz aus und man möchte es einfach spielen. Es ist eine echte Augenweide. Bei einem Preis für das schönste Spiel würde „Tang Garden“ definitiv mit auf meiner Liste stehen.
Doch keinesfalls ist das Spiel lediglich ein Materialblender, sondern kann auch mit einer gut funktionierenden Mechanik überzeugen.
Einmal die Regeln verstanden ist man schnell im eigentlichen Geschehen drin und das Spiel spielt sich flüssig. Dabei sind zahlreiche Faktoren zu berücksichtigen, die das Spiel in taktischer Tiefe von anderen reinen Plättchenlegespielen angenehm abheben. So müssen immer die Dekorationen und Landschaftstafeln in alle Überlegungen einbezogen werden und auch der Einsatz der eigenen Laternen muss gut durchdacht werden. Das Reaktivieren dieser solltet ihr dabei immer berücksichtigen. So versuche ich in meinen Partien immer Landschaftsmarker zu sammeln, um die Laternen-Effekte noch einmal ausführen zu können. Auch die Beeinflussung der Charaktere ist wesentlich. Den besten Zeitpunkt dafür, müsst ihr euch genau überlegen.
Das Ziehen der Dekorationen ist mit ein wenig Glück verbunden und manchmal ist einem dies eben nicht hold. Doch durch geschickten Einsatz einer eigenen Laterne und dem Nehmen von 2 Dekorationskarten kann man hier manchmal gehörig profitieren. Mich persönlich stört dieser Glücksfaktor aber nicht, denn dieser führt dazu, dass man einen gefassten Plan auch mal ändern muss.
Doch es gibt auch negative Faktoren und mein erster Punkt bezieht sich direkt auf die Schönheit des Spiels, die sich leider im reinen Spiel dann negativ auswirkt. Im Spielverlauf wächst und gedeiht unser Garten und wir platzieren zahlreiche Dekorationen wie, zum Beispiel, die Pavillons und auch Bäume. Das führt leider dazu, dass es auch immer unübersichtlicher in unserem Garten wird und man einfach nicht mehr weiß, welches Plättchen sich nun unter diesem oder jenem Pavillon befand. Darunter leidet dann das Spiel, weil man Dekorationen anheben und wieder platzieren muss.
Ebenfalls nervig sind auch die mega kleinen Symbole auf den Landschaftstafeln, die einfach kaum zu erkennen sind. So muss man sich, im Rahmen der Platzierung neuer Charaktere, immer wieder nah an das Spielbrett bewegen, um zu erkennen, welches Symbol sich denn nochmal auf welcher Tafel befand. Hinzu kommt noch, dass man die Symbole auf den kleinen Landschaftstafeln auf der eigenen Spielbrettseite nicht mehr erkennen kann, sobald die großen Tafeln gesetzt wurden.
Insgesamt muss man in diesem Bereich leider sagen, dass dieses pompöses Material, schlicht und ergreifend, nicht immer zur Funktionalität des Spiels beiträgt.
„Tang Garden“ ist ein eher ruhiges Spiel, was ich jetzt keinesfalls negativ meine. Konfrontationen mit Gegenspielern kommen vor, sind aber eher selten.
Insgesamt ist „Tang Garden“ ein sehr ordentliches Spiel, welches ich gerne jederzeit mitspiele aber nicht zwanghaft andauernd aus dem Regal holen muss.
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