Flügelschlag – Das Kennerspiel 2019
Jetzt lag „Flügelschlag“ auch endlich einige Male auf meinem Spieletisch und ich konnte mir einen Eindruck darüber verschaffen ob der Hype, den dieses Spiel ausgelöst hat gerechtfertigt ist.
Noch einmal meine herzlichsten Glückwünsche an den Feuerland Verlag zum Gewinn der Kategorie Kennerspiel 2019. Des Weiteren möchte ich es auch nicht versäumen, Elizabeth Hargrave zu gratulieren, die für „Flügelschlag“ bei der diesjährigen BerlinCon in der Kategorie „Best New Designer 2019“ ausgezeichnet wurde.
Ein Blick in die Spieleschachtel
Schon die Box ist eine echte Augenweide. Das Öffnen und anschließende Auspacken der Komponenten dann ein Genuss. Die Anleitungshefte sind beschichtet und fühlen sich toll an. Die Miniatureier in den Pastellfarben sehen toll aus und die vielen Vogelkarten sind wunderschön illustriert und haben auch noch einen kleinen Informationstext. Dann erhalten wir auch noch einen Würfelturm in Form eines Vogelhäuschens und selbst an die Karten ist gedacht und diese bekommen eine eigene Box, die eine Wassertränke sein soll – einfach sensationell. Ein echter Eyecatcher auch die überdimensionalen Spielertableaus. Diese sollen eine Art Vogelbuch darstellen und sehen auch tatsächlich wie ein Buch aus. Klappt man dies dann auf, kommt das Tableau zum Vorschein – erstklassig.
Hier wurde mit so viel Liebe zum Detail gearbeitet, dass einem nichts Anderes übrigleibt, als das Material zu lieben.
Das Spielsystem
„Flügelschlag“ ist ein Engine-Builder mit Karten. Dies bedeutet, dass es unser Ziel ist, möglichst viele Karten auszulegen, um immer längere Ketten zu bilden, die uns immer weitere bzw. bessere Synergieeffekte bringen.
Das Spielsystem ist recht einfach gehalten und geht schnell in Fleisch und Blut über. Der Spieler führt eine von vier möglichen Aktionen durch und schon ist der nächste Spieler an der Reihe. So können wir einen Vogel in einen Lebensraum platzieren, Nahrung beschaffen, Eier auf Vögel legen oder uns neue Vogelkarten holen. Jede Aktion verbraucht dabei einen Aktionsstein, von denen man in der ersten Runde Acht hat. Die Zahl reduziert sich in jeder Runde um einen Stein. Nach schlanken 4 Runden ist das Spiel auch schon beendet.
Jeder Spieler beginnt das Spiel mit einer
individuellen Auswahl aus Vögeln und Futter und versucht seine Kette nun erst einmal in Gang zu bekommen. Dies geschieht durch das Ausspielen von Vogelkarten, was eine Aktion ist. Hierbei gilt es Besonderheiten zu beachten. Jeder Vogel möchte, zumindest meistens, in einem bestimmten Gebiet (hier Wald, Wasser oder Gras) leben und benötigt zum Anlocken unterschiedliches Futter. Jeder Vogel liefert dabei eine Anzahl an Federn (Federn sind hier sehr thematisch die Siegpunkte) und verfügt über einen Effekt. So gibt es einige Effekte, die beim Ausspielen oder zwischen den Zügen aktiviert werden. Zum Beispiel kann ein zweiter Vogel in das gleiche Gebiet gespielt werden, die Kosten müssen bezahlt werden. Die Masse der Vögel weist Fähigkeiten auf, die bei Nutzung der jeweiligen Aktion aktiviert werden. Auch wenn sich natürlich viele Fähigkeiten wiederholen, was bei 170 Vogelkarten nicht verwunderlich ist, ist die Varianz als recht hoch anzusehen.
Ziel muss es hier natürlich sein, dass man für sich seine Strategie findet, um die Effekte bestmöglich zu triggern. So gibt es Fähigkeiten wie zusätzliches Ziehen von Karten, zusätzliches Nehmen von Futterwürfeln oder das einfach ein Ei auf die entsprechende Karte gelegt werden darf. Die Möglichkeiten hier sind mannigfaltig.
Das Gebiet, in dem ich meinen Vogel ausspiele, will gut überlegt sein, da dies unmittelbaren Einfluss auf die weiteren möglichen Spielaktionen hat. So beeinflusst das Waldgebiet die Nahrungsaktion, das Grasgebiet die Eieraktion und das Wassergebiet die Aktion Vogelkarten ziehen. Jede Aktion verstärkt sich dabei durch die Anzahl der ausgespielten Karten, eben ein Engine Builder. Seinen Aktionsstein legt man nämlich immer auf das erste freie Feld von rechts der Aktionsreihe. Zunächst kann man sich eben die Nahrung, die Eier oder die Vogelkarten nehmen. Anschließend wird der Aktionsstein immer ein Feld weiter nach links geschoben und man aktiviert die Fähigkeiten seiner ausgespielten Vögel. Hierbei gibt es tolle Triggereffekte.
Einen Ansatz, auf was man als Spieler nun geht, liefert zum einen die Spielendkarte, die man zu Beginn des Spiels erhält und zum anderen gibt es noch für den Abschluss jeder Runde einen individuellen Siegpunktmarker, der für alle Spieler gilt.
So läuft das Spiel dann reihum, bis jeder Spieler alle seine Aktionssteine verbraucht hat. Nun werden noch die Punkte für die jeweilige Runde vergeben, bevor es in die nächste Runde geht.
Die unterschiedlichen Rundenkarten
„Flügelschlag“ ist ein sehr solitäres Spiel. Prinzipiell werkelt jeder so vor sich dahin, die Aktionen des Gegners beeinflusst man nicht und Interaktion ist, zumindest vom Grundsatz her, nicht nötig.
Die Rundenkarte weist zwei unterschiedliche Seiten auf. Auf der „leichteren“ Seite erhält jeder Spieler die individuellen Siegpunkte am Ende jeder Runde, was das solitäre Spiel noch solitärer macht. Eigentlich muss man gar nicht schauen, was die Mitspieler machen, da es ja keinen Einfluss auf das eigene Spiel hat.
Ich empfehle daher die andere Seite zu nehmen, in der Platzierungen verteilt werden, nach der sich dann die Siegpunkte richtet. Dies steigert die Interaktion, da nicht jeder die Punkte erhält. So muss man die Aktionen seiner Mitspieler begutachten und natürlich auch sein eigenes Spiel gegebenenfalls daran anpassen. Diese Variante macht mir deutlich mehr Spaß.
Die optimale Spieleranzahl
„Flügelschlag“ kann alleine oder mit bis zu 5 Spielern gespielt werden. Meine Maximalanzahl lag bei 4 Spielern. Für mich persönlich gehört „Flügelschlag“ mit zu den Spielen, bei denen der Spielspaß unabhängig von der Spieleranzahl ist, da es sehr solitär ist. Bei mehr Spielern sollte allerdings der Atem ein wenig länger sein, da die Spieldauer je Mitspieler ansteigt. 2 Stunden sind bei 4 Spielern keine Seltenheit. Wer also keine längeren Downtimes mag, der sollte das Spiel nicht zu viert oder gar zu fünft spielen.
Ein Extralob erhält die Solo-Variante. Diese erfolgt über das beiliegende Automa-Kartendeck, welches sensationell gut funktioniert und riesen Spaß macht.
Das Spielgefühl
Das Spielgefühl ist einfach sensationell. Es ist erstklassig gelungen, dass Thema umzusetzen und man fühlt sich wie ein kleiner Ornithologe, der in seinem Gebiet die Vögel beobachtet und seine Erkenntnisse in ein Vogelbuch einträgt. Hierbei kommt auch der Lernfaktor nicht zu kurz. Jede Karte enthält einen kurzen Informationstext zum Vogel – spielerisches Lernen, was mir sehr gut gefällt.
Zum momentanen Zeitpunkt gibt es leider nur Vögel, die aus Nordamerika kommen. Hier würde ich mich über lokalen Nachschub in Form einer Erweiterung freuen.
Fazit
„Flügelschlag“ ist ein tolles Spiel, welches mit erstklassigen Materialien und einer tollen Spielbarkeit besticht. Dank der relativ geringen Einstiegshürde können auch Familienspieler bedenkenlos zugreifen und werden ihre helle Freude am Spiel haben. Doch auch Kennerspieler werden durch die hohe Varianz sehr gut bedient.
Kleinere Kritikpunkte muss sich allerdings auch „Flügelschlag“ gefallen lassen. Die solitäre Spielweise wird wohl nicht allen Spielern gefallen. Ein weiterer Punkt ist wohl der Glücksfaktor, der speziell Kennerspieler ein wenig stören wird. Jedoch liegen immer drei Vögel aus, so dass dieser ein wenig eliminiert wird. Momentan sind es auch ausschließlich Vögel aus Nordamerika, die wir anlocken können. Doch hier können Erweiterungen Abhilfe schaffen und mittlerweile ist auch schon eine Erweiterung angekündigt.
Den Kritikpunkt einer reinen „Eiersammelei“ zum Ende des Spiels, den ich des Öfteren gehört habe, kann ich nur bedingt bestätigen. In meinen Runden wurde dies, zumindest zumeist, erst im letzten Zug gemacht. Abhängig ist es natürlich auch von den ausliegenden Vögeln.
„Flügelschlag“ gehört definitiv zu den Spielen, die einen festen Platz in meiner Sammlung haben und die weiter regelmäßig auf dem Tisch landen werden.
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