Am 22.08.2019 führte mein Weg mich nach Billerbeck, einer Stadt im Kreis Coesfeld in Nordrhein-Westfalen mit ca. 12.000 Einwohnern. Hier lebt und arbeitet Uli Blennemann, Gründer und Inhaber des Verlags Spielworxx (https://www.spielworxx.de/). Er hat sich ohne Umschweife bereiterklärt, mich zu empfangen, um ein Gespräch zu führen und außerdem durfte ich, unter seiner fachlichen Regelerklärung, mit ihm noch ein Jahr des Spiels „Auf der Walz“ (Autor: Jimmy Maas) spielen.
Auch an dieser Stelle erst einmal ein riesen Dankeschön an Uli für die sofortige Bereitschaft mich zu empfangen – es war mir eine echte Freude!
Wir haben kein „klassisches“ Interview geführt, sondern saßen im netten Plausch beieinander. Ich habe mich, weil ich hoffe, dass es so für euch besser zu lesen ist, entschlossen, die Inhalte zu sortieren und über den Block die quasi gestellte Frage zu schreiben und den Inhalt zusammenzufassen.
Uli gründete 2010 den Verlag
Spielworxx, den er alleine betreibt. Für seine Projekte heuert er Unterstützer an. So war, bis dato, für die Grafiken immer Harald Lieske verantwortlich, mit dem Uli eine Freundschaft verbindet. Dadurch ist bei den Spielworxx-Titeln ein Erkennen möglich, was oftmals bei vielen Spielen nicht möglich ist, da die Artwork-Verantwortlichen als Auftragsarbeit für zahlreiche Verlage arbeiten.
Warst du schon vor Spielworxx im Brettspielgeschäft tätig?
Mit „Moments in history“ gründete Uli Blennemann 1993 seinen ersten Verlag. Dieser konzentrierte sich vorwiegend auf den anglo-amerikanischen Raum und entwickelte Spiele, die sich mit der Thematik Geschichte befassen. Da Uli Geschichte studiert hat, liegt hier einer seiner Interessenschwerpunkte. Er verkaufte den Verlag 1999.
Anschließend arbeitete er in Münster als Redakteur bei einem Sportverlag. Dies war jedoch nur ein kurzes Intermezzo, da er schnell merkte, dass eine „reguläre“ Arbeit mit einer Arbeitszeit von 08:00 Uhr bis 17:00 Uhr nicht so seine Welt ist.
Uli bekam 2001 das Angebot von einem Freund bei Phalanx Games mitzuarbeiten. Hier war er als Brand Manager tätig.
2010 kam es dann zur Gründung von Spielworxx.
Welches war das erste Spiel bei Spielworxx?
Das erste Spiel war „Washington´s War“. Dies war keine eigene Entwicklung, sondern eine Lokalisierung. In diesem Spiel geht es um den Unabhängigkeitskampf amerikanischer Kolonisten gegen Kräfte der Weltmacht Großbritannien.
Deine Auflagen sind immer recht klein und sehr schnell ausverkauft. Warum hast du dich für dieses Modell entschieden?
Ein Grund für dieses Modell war für Uli auch der Sicherheitsgedanke. Er weiß, wie viele seiner Spiele er definitiv verkaufen kann. Es sind alles hochpreisige Titel, von denen auch einige Exemplare in Sammlerschränken landen und wohl niemals gespielt werden und somit ist es auch ein kleines Versprechen an die Sammler, dass man hier ein recht exquisites Spiel sein Eigen nennt. Eine Chance darauf, ein einmal ausverkauftes Spiel zu erhalten besteht nicht. Die Masse seiner Spiele wird in das Ausland verkauft.
Auch die Distributionsunabhängigkeit ist ein Grund für diesen Weg. Sehr wenige seiner Spiele finden den Weg zu Versandhändlern, sondern werden durch ihn selbst verpackt und verschickt. Hierzu gehört es natürlich auch, dass die Spiele gelagert werden müssen.
Es kann allerdings vorkommen, dass ein Spiel lokalisiert wird. Nächstes Jahr wird das beliebte Spiel „Captains of the gulf“ von Stronghold Games lokalisiert. Es besteht grundsätzlich die Möglichkeit, Lizenzen zu erhalten. Die Chance darauf, dass „Auf der Walz“ lokalisiert wird ist allerdings sehr gering, da es sich um ein sehr thematisch auf Deutschland bezogenes Spiel handelt, wo das Auslandsinteresse eher gering sein dürfte. Sehr schade für alle, da „Auf der Walz“ bereits ausverkauft ist.
Du bist 2019 auch wieder in Essen mit einem Stand präsent. Kannst du ein wenig was erzählen, was uns dort erwartet?
„Throne of Allegoria“ von Robin Lees und Steve Mackenzie wurde nun 15 Monate entwickelt und soll Mitte September vorbestellbar sein. Es spielt in einem pseudo Mittelalter Setting. Festes Ziel ist es, dass es in Essen auch käuflich zu erwerben sein wird. 2 Tische mit Erklärern für das Spiel wird es in Essen geben, damit wir uns einen Eindruck vom Spiel machen können. Als besonderes Schmankerl ist auch für jeden Tag ein „Spielen mit den Autoren“ geplant, die ebenfalls anwesend sein werden.
Schaut daher auf jeden Fall am Stand von Spielworxx vorbei!
Erzähl doch mal ein wenig was zur Arbeit mit deinen Autoren.
Bei den Autoren der Spielworxx-Titel handelt es sich, größtenteils, um eher unbekanntere Personen. Aufgrund der geringen Auflage ist Spielworxx für große Autoren eher uninteressant. Bei Spielworxx erfolgt eine enge Zusammenarbeit zwischen den Autoren und Uli. Durch diese Zusammenarbeit und durch ein Nehmen und Geben ist es möglich, dass beide Seiten ihre Vision vom Spiel auch transportieren können. So war Jimmy Maas (Autor von „Auf der Walz“) zum Beispiel selbst auf der Walz und verfügt so über eine reale Erfahrung, die ins Spiel transportiert werden konnte.
Kontakte gibt es viele durch das, mittlerweile sehr große, Netzwer. Des Weiteren werden natürlich auch die Messen genutzt, um mit Autoren ins Gespräch zu kommen. So lernte Uli José Carlos Rola und Luis Costa (Autoren von „Yinzi“) auf der LeiriaCon kennen.
Meine Nachfrage, ob Uli auch mal eine reine Auftragsarbeit aufgrund seines Interesses für Geschichte gemacht hat, verneinte er, weil er den Autoren ihre Freiheit in der Gestaltung und der Geschichte, die das Spiel erzählen möchte, geben möchte.
Was dürfen wir im Jahr 2020 von Spielworxx erwarten?
2020 wird es vier Spiele von Spielworxx geben. 4 Spiele sind auch die Anzahl, die für Uli gut machbar sind.
Den Auftakt macht „Grand Trunk Journey“ ein pick up and deliver Spiel von Claude Sirois, welches nicht mega komplex werden wird. Es soll aber mit einem sehr interessanten just in time Mechanismus aufwarten. Bereits nächste Woche ist der Startschuss für den Hardcore-Arbeits-Modus.
Weiter geht es mit einer Neuauflage von „Tribun“, welches 2007 beim Heidelberger Spieleverlag erschienen ist. Hier schlüpfen wir in die Rolle einer römischen Familie und versuchen möglichst großen Einfluss auf die verschiedenen Fraktionen Roms zu erhalten. Das Spiel ist von Karl-Heinz Schmiel.
Das dritte Spiel wird „Tharos“, von Bernd Scholz sein, welches auf einem Steampunk-Planeten spielt. Der Mechanismus hier wird Dice-Bag Building sein.
Den Abschluss wird das Spiel „City Cargo“ von Jason Dinger bilden. Ein Spiel, dass um die 1910er Jahre angesiedelt ist und im Golf von Mexico spielt.
Kannst du noch kurz erzählen, worum es sich bei den Vassal-Modulen handelt, die zu vielen Spielen kostenlos angeboten werden?
Mit Hilfe von Vassal besteht die Möglichkeit in Echtzeit oder play by E-Mail gegen andere Spieler weltweit zu spielen. Vassal wurde so konzipiert, dass es auf allen Betriebssystemen läuft. Vassal selbst enthält keine Spiele – es muss immer ein Modul für das Spiel geladen werden. Man benötigt die Software und das jeweilige Brettspiel. Im deutschen Raum ist Vassal nicht sehr verbreitet – im anglo-amerikanischen Raum wäre es ohne Vassal gar nicht denkbar.
Zum Abschluss ein Kommentar: Spiele bedeuten für mich…
„ein Mittel zur Kommunikation.“
Natürlich erzählt Uli hier noch ein wenig mehr. Es geht ihn beim Spielen nicht um das eigentliche Gewinnen. Bei seinen Spielerunden steht die Kommunikation im Vordergrund.
Mich persönlich hat das Gespräch mit Uli sehr beeindruckt. Es ist schön, was Spielen für ihn bedeutet. Für ihn müssen Spiele eine Geschichte wiedergeben, quasi wie ein Film oder ein Buch. Bei Spielen ist das Ende und der Weg zum Ende jedoch immer ein anderer.
Zum Abschluss des Abends bin ich noch
in den Genuss gekommen mit Uli 1 von 3 Jahren „Auf der Walz“ spielen zu können. Nach einer sehr guten Regelerklärung ging es dann auch los. Ich möchte euch nachfolgend einen kurzen Einblick in meine erste Spielerfahrung mit diesem Spiel geben.
Natürlich geht es in „Auf der Walz“ um die traditionelle Wanderschaft der Handwerksgesellen, die sie nach der Gesellenprüfung durchführen.
Zentrales Element des Spiels sind die 19 Tippelkarten (Bewegungskarten), die jeder Spieler erhält. 18 davon sind für die 3 Jahre gedacht und die letzte Tippelkarte, die zur Seite gelegt wird, ist für den letzten Tag, da eine Walz 3 Jahre und einen Tag dauern musste. Diese Karten werden gemischt und 6 in jedem Jahr gezogen. Die Zahl auf der Karte gibt die Anzahl der Tippelpunkte an. Des Weiteren verfügt jeder Spieler noch über ein wenig Startgeld, welches auf dem Spielerboard platziert wird.
Von der Heimat aus geht die Reise dann
los und die ausgespielte Karte gibt die Anzahl an Bewegungspunkten an, die mein Geselle zurücklegen darf. Erreiche ich ein Sechseckfeld, so darf ich die Gegend ausbaldowern (erkunden), was ebenfalls einen Tippelpunkt kostet. So darf ich dann entweder ein Landschaftsplättchen oder eine Stadttafel (hier müssen Bedingungen eingehalten werden) anlegen. Ihr erkennt, dass es sich um einen komplett modularen Spielplan handelt, der in jedem Spiel anders aussehen wird.
Hier spielt nun die Musik des Spiels. So kann ich zum Beispiel in ein Wirtshaus einkehren, wo Nachrichten verkündet werden, ich kann in einer Herberge nächtigen und dort Reisekameraden treffen, ich kann das Rathaus aufsuchen oder ich kann die Muße nutzen.
Aktionen bringen mir Kanthölzer, die ich auf mein Kerbholz (traditionelle, mittelalterliche Zählleiste) lege. Je nach Aktion erhalte ich ein Kantholz unterschiedlicher Farbe, welche die Gattung repräsentiert (z. B. steht ein rotes Kerbholz für Erfahrung, welches ich durch das Ausbaldowern erhalte).
Ein Jahr endet, sobald die letzte Tippelkarte gespielt wurde und es erfolgt eine Zwischenwertung, bevor es mit dem zweiten Jahr weitergeht. Nach dem dritten Jahr erfolgt noch einmal eine Schlusswertung, bevor mit dem letzten Tag das Spiel dann zu Ende geht und es zur Schlusswertung kommt. Wie für Spielworxx typisch, bekommen wir wieder Materialien in einer erstklassigen Qualität.
Dies war jetzt wirklich nur ganz kurz das Spiel zusammengefasst.
Mir hat die Runde riesen Spaß gemacht. Aus meiner Sicht handelt es sich um ein Spiel, welches man mit einer spielerfahrenen Gruppe sehr gut spielen kann. Die Downtime ist gering. Man macht eben einen Zug und schon ist der nächste Spieler dran. Natürlich wird es auch hier Personen geben, die komplett jeden Zug durchdenken.
Interaktion zwischen den Spielern findet recht wenig statt, da jeder Geselle eben seine eigene Wanderschaft durchführt. Um Interaktion ein wenig zu fördern gibt es noch ein Knobelspiel, welches gemacht wird, wenn einer der Spieler das Wirtshaus aufsucht. Hier wird dann mit allen Spielern hohe oder niedrige Hausnummern um Geld gespielt.
Ich hoffe sehr, dass euch mein Gespräch mit Uli und die kurze Einführung in das Spiel „Auf der Walz“ ein wenig Freude bereitet haben und verbleibe
mit spielerischen Grüßen
Comments