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  • Tim Nau

Adellos - Till Engel


„Adellos“ – das Erstlingswerk von Till Engel

Auf dem Tisch liegt „Adellos“ das Erstlingswerk von Till Engel. Es ist ein Strategie-Taktik Spiel für 2 bis 4 Spieler, die mit unterschiedlichen Fraktionen um die Herrschaft kämpfen.


Ein Blick in die Spieleschachtel

Der auf uns wartende Inhalt kann sich sehen lassen. Hauptaugenmerk liegt natürlich auf den 142 Einheitenplättchen. Diese sehen sehr gut aus. Auch das weitere Spielmaterial geht komplett in Ordnung. Ein wenig gefehlt haben mit Aktionspunktemarker. Hier kann man sich als Spieler aber mit anderen Materialien behelfen.


Ein kleiner Tipp fürs Auspacken: An Verpackung der Spieleschachtel ist noch ein ganz kleiner Würfel in einer Tüte angeklebt, der leicht übersehen werden kann. Dieser wurde nachträglich gemacht, als die Verpackungen schon fertig waren.


Ein Verbesserungsvorschlag für die Zukunft wäre, dass die Anführerplättchen deutlicher gekennzeichnet werden sollten. Auch ist die Schriftgröße der Einheiteneigenschaft sehr klein und kaum zu entziffern. Entweder muss man den Gegenspieler fragen, oder man kennt die Einheiten irgendwann auswendig und weiß, über welchen Effekt diese verfügen.


Ich hatte auf dem Herner Spielewahnsinn das Vergnügen persönlich mit Till zu sprechen. Das Spiel hat er komplett alleine, ohne Verlag, aufgezogen und finanziert. Diesem Umstand ist es auch geschuldet, dass die Kartentexte der Ereigniskarten auf Englisch sind. Till hat sich dazu entscheiden, dass Spiel einer möglichst breiten Masse zugänglich zu machen und Englisch ist nun einmal die Weltsprache. Doch kein Grund zur Besorgnis. Alle Kartentexte sind in der Anleitung übersetzt. Es wäre natürlich schöner, die Karten auf Deutsch zu haben, doch aus meiner Sicht kann dies kein Kritikpunkt sein.


Die Anleitung an sich ist einer meiner Kritikpunkte am Spiel, da diese zu vielen Fragen offen lässt. Bis ich Till angeschrieben habe, habe ich mich zum Beispiel gefragt, wie ein Spiel zu dritt aussehen soll, da ja einer der Spieler im klaren Nachteil dadurch ist, dass er nicht nur frontal- sondern auch seitlich bedroht ist. Die Anleitung gibt darüber keinen Aufschluss. Ich komme in einem gesonderten Part zur Spieleranzahl zur Auflösung des Rätsels.


Eine weitere Regel, die unbedingt in die Anleitung gehört hätte ist, dass man nach einem gewonnenen Angriff seine Figur nicht auf das Feld des Besiegten stellt, sondern auf dem Ausgangsfeld stehen bleibt. Dieser Umstand ist schon elementar für die Taktik.


Das Spielsystem

Zu Beginn des Spiels entscheidet sich jeder Spieler für eine Fraktion. Auf die Besonderheiten der Fraktionen gehe ich in einem gesonderten Passus ein. Nun wählt jeder Spieler einen von drei möglichen Anführern. Diese Wahl ist elementar, denn jeder Anführer bringt einen Sondereffekt, der entscheidenden Einfluss auf das weitere Spielgeschehen hat. In der ersten Runde erhält jeder Spieler 5 Gold (Ausnahme lediglich durch einen Anführereffekt), welches investiert werden kann. Es hat sich in meinen Partien gezeigt, dass es sehr wichtig ist, hier auf „income“ und „ancient wisdom“ zu setzen. Nachdem die gekauften Einheiten platziert sind, geht es auch schon los.


Das Spielsystem ist nun recht einfach. Grundsätzlich verfügt jeder Spieler über 3 Aktionspunkte, die durch Karten, Sondereffekten oder dem Bonusfeld erhöht werden können. Bewegungen sowie Angriffe kosten jeweils 1 Aktionspunkt und Aktionskarten kosten die angegebene Anzahl. „Kostenlos“ ist das Kaufen von Einheiten.


Jede Runde startet mit der Einkommensphase. Der Spieler erhält für jede Einheit die Einkommen generiert ein Gold und jede Einheit „alte Weisheit“ generiert eine Ereigniskarte. Doch Achtung: Dies macht ihr nicht parallel. Nachdem der Spieler am Zug nämlich sein Einkommen und seine Ereigniskarten erhalten hat, geht dieser unmittelbar in die nächste Phase des Spiels über, in der er Einheiten kaufen darf, diese platziert, bewegt, angreift und Ereigniskarten ausspielt.


So schreitet das Spiel dann immer weiter voran und endet, wenn der Adlige geschlagen wurde oder das Bonusfeld für eine gewisse Anzahl an Runden gehalten werden konnte.


Das Kampfsystem

Das Kampfsystem ist sehr simpel gehalten. Steht eine eigene Einheit benachbart zu einer anderen Einheit, kann diese angreifen. Nun wird prinzipiell einfach der Angriffswert mit dem Verteidigungswert verglichen. Ist der Angriffswert größer, wird die geschlagene Einheit in die Spieleschachtel zurückgelegt. Dies gefällt mir sehr gut, da einmal besiegte Einheiten nicht mehr in den Vorrat des Spielers wandern, sondern eben vernichtet sind, was ich authentischer finde, da der Vorrat an Einheiten eben begrenzt ist und nicht unendlich nachgekauft werden kann. Daher sollte immer besondere Aufmerksam auf die Einheiten gelegt werden, die Einkommen oder Ereigniskarten generieren. Sind diese nicht mehr vorhanden, ist das Spiel ganz schnell verloren.


Der Kniff bzw. die Komplexität kommt nun durch die Eigenschaften der einzelnen Einheiten und durch das Ausspielen von Ereigniskarten in die Kampfphase. Beginnen möchte ich mit den Ereigniskarten.


Ereigniskarten sind, aus meiner Sicht, der wesentliche Faktor, der über Sieg oder Niederlage im Spiel entscheidet. Achtet deshalb immer darauf, in der Einkommensphase möglichst viele Ereigniskarten ziehen zu dürfen. Grundsätzlich steht auf den Ereigniskarten immer drauf, wann ihr diese ausspielen dürft. Während eines Kampfes dürft ihr so viele Ereigniskarten spielen wie ihr könnt und dadurch den Kampf entscheidend beeinflussen. So könnt ihr zum Beispiel euren Angriffs- oder Verteidigungswert um 1 erhöhen, was den Gegner mit Sicherheit überraschen wird.

Oder ihr könnt nach dem Kampf eine Karte spielen. So ermöglich euch eine Karte zum Beispiel, dass ihr trotz des verlorenen Kampfes die Einheit nicht vom Spielfeld entfernen müsst, sondern diese stehen bleiben darf und diese Runde nicht mehr angegriffen werden darf – eine ganz starke Karte.


Immer im Auge behalten sollte man

auch tunlichst die Sondereigenschaften der einzelnen Einheiten. So gibt es zum Beispiel die Eigenschaft „Tactical Advantage“, die dem Spieler 1 AP für jede Einheit mit dieser Eigenschaft gibt oder die Eigenschaft „Leadership“ die den Angriffswert benachbarter Einheiten um 1 erhöht.

Das Kampfsystem ist sehr gut durchdacht und macht großen Spaß.


Die Fraktionen

Die Spieler haben die Wahl zwischen der königlichen Armee, den Untoten, den Rebellen und dem Klerus. Nach dieser Wahl muss noch einer der drei Adligen der Fraktion ausgewählt werden. Diese Wahl ist sehr wichtig, da jeder Adlige über eine spezielle Sondereigenschaft verfügt anhand derer man auch eine gewisse Taktik aufbauen kann. Bei den einzelnen Fraktionen wurden sich richtig Gedanken gemacht und man merkt dem Spiel an, dass Till viel an der Balance dieser gearbeitet hat. Sie spielen sich komplett unterschiedlich aber die Ausgewogenheit ist immer gegeben.

Die große Stärke des Spiels ist nun, dass sich die Fraktionen komplett voneinander unterscheiden und somit jede Fraktion eine andere Taktik benötigt, was den Widerspielwert unheimlich erhöht.


Meine persönlichen Favoriten waren die Untoten und die königliche Armee.


Unterstützend für alle Fraktionen wirken

die Ereigniskarten, die ich in der Kampfphase schon angesprochen habe. Neben Ereigniskarten, die eben unmittelbaren Einfluss auf den Kampf an sich haben, gibt es noch zahlreiche weitere Ereigniskarten, die elementar für die eigene Spielplanung sind. Hier gibt es die unterschiedlichsten Effekte. So gibt es Karten, die einen zusätzlichen Aktionspunkt bescheren, mit Hilfe derer man eine Ereigniskarte vom Gegner bekommt oder die es dem Spieler ermöglichen Einheiten gegen andere Einheiten aus dem eigenen Vorrat umzutauschen.


Zwei Karten halte ich allerdings für deutlich zu stark und diese haben in zwei meiner Runden auch für gehörige Frustration gesorgt, dass wir den Effekt reduziert haben. Ich spreche von den Karten „Assault“ und „Book-Keeper“. Bei „Assault“ muss eine ausgewählter Spieler 3 (!!!) seiner Einheiten opfern und bei „Book-Keeper“ müssen alle (!!!) Mitspieler ihr komplettes Geld an den Spieler abgeben, der die Karte ausgespielt hat. Sorry, aber gerade die letztgenannte Karte funktioniert bei 4 Spielern überhaupt nicht und kann Spiele komplett über den Haufen werfen. Wir haben das Opfern auf 1 Einheit gesetzt und die Abgabe auf 2 Gold.


Die optimale Spieleranzahl

„Adellos“ ist ein klassisches 4-Personen-Spiel. Hier kommt die Stärke des Spiels raus und es macht dann auch großen Spaß und erinnert stellenweise sogar an den Klassiker „Risiko“. Wer erinnert sich nicht daran, dass man mit einem Kontrahenten einen Nichtangriffspakt geschlossen hat, um sich erst einmal in Ruhe einer anderen Bedrohung widmen zu können und dann wurde dieser Pakt schlussendlich doch gebrochen. Ähnliche Situationen werdet ihr auch bei „Adellos“ finden. Auf dem Spielbrett sind die 4 Fraktionen aufgebaut und jeweils 2 stehen sich frontal gegenüber. Eine weitere Bedrohung gibt es für jeden Spieler jeweils von einer Seite. Hier wird, in großem Stile, taktiert, geblufft und geplant. Ein wenig Zeit sollte man hier allerdings einplanen. Knappe 2 Stunden sind schnell gespielt.


Überhaupt nicht zu spielen ist „Adellos“,

aus meiner Sicht, zu dritt. Einer der Spieler ist frontal und seitlich umzingelt, wohingegen ein Spieler nur eine Bedrohung zur Seite hat. Der komplett umzingelte Spieler bekommt 2 Gold Starteinkommen mehr. In meinen Partien, die ich zu dritt gespielt habe, hat es den Nachteil nicht ausgeglichen. Klar im Vorteil war der Spieler, der nur eine Bedrohung an der Seite hatte. Fairerweise muss man hier sagen, dass „Adellos“ einfach nicht für drei Spieler ausgelegt ist.


Das Spiel zu zweit ist ok – nicht mehr – aber auch nicht weniger. Schlussendlich fehlt hier ein wenig der Reiz und ich muss hier auch noch einmal das Risiko-Beispiel bringen. Auch hier konnte man zu zweit spielen aber es fühlte sich einfach falsch an.


Fazit

„Adellos“ ist ein sehr ordentliches Erstlingswerk, welches mir persönlich aber nur mit 4 Personen richtig gut gefallen hat. In dieser Spieleranzahl spielt „Adellos“ seine ganze Stärke aus und geht strategisch sowie taktisch unheimlich in die Tiefe. Hier wird es auch zu einem ganz schönen „Kopfzerbrecher“, da jeder Zug gut geplant werden muss. Gelegentlich kann es zu einer etwas höheren Downtime kommen. Da allerdings die Interaktion bei 4 Spielern sehr hoch ist, fällt dies nicht so stark auf.


Zu zweit ist das Spiel in Ordnung. Es fehlt einfach der strategische und taktische Aspekt, der die große Stärke des Spiels ausmacht.


Till Engel ist definitiv jemand, den ich weiter im Auge behalten werden, denn dieses Erstlingswerk ist ein schöner Auftakt und ich bin sehr gespannt, was uns da noch alles erwartet.

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