Barcelona
„Barcelona“, von Board&Dice und als deutsche Version bei Giant Roc erschienen, ist ein Strategiespiel mit Worker-Placement-Mechanismus für 1 bis 4 Personen von Dani Garcia.
In der Mitte des 19. Jahrhunderts ist Barcelona die am dichtesten besiedelte Stadt Europas. Ildefons Cerdà legt einen Plan für die Erweiterung Barcelonas vor.
Wir schlüpfen in die Rolle von Bauarbeitern, die an der neuen Stadterweiterung arbeiten…
Ein Blick in die Spieleschachtel
Uns erwartet eine Unmenge an Spielmaterial, welches es erst einmal auszupöppeln und zu sortieren gilt. Ein Insert oder etwas gibt es nicht, so dass ihr eine Vielzahl an Tüten benötigt.
Das Material an sich hat eine klasse Qualität. Die Pappe hat eine sehr ordentliche Dicke und das Holz-Material erfüllt absolut seinen Zweck. Die farbenfrohe Illustration wird nicht jedermanns Geschmack treffen. Ich finde sie gelungen. Wenn bereits ein paar Häuser platziert sind, muss man aber ein wenig genauer aufs Brett schauen.
Die Anleitung ist erstklassig. Sie ist super übersichtlich und strukturiert. Zahlreiche Beispiele sorgen dafür, dass man sehr schnell im Spielgeschehen drin ist.
Das Spielsystem
Barcelona überzeugt mit einem tollen Spielsystem. Einmal verstanden spielt sich das Spiel auch super flüssig. Auf dem Tisch müsst ihr allerdings ein wenig Platz einplanen.
Barcelona lebt von seinem Mechanismus, den ich euch kurz darlegen möchte.
Zu Beginn jeden Spielzugs platziert ihr zwei Einwohner auf einer beliebigen, freien Kreuzung des Spielplans. Die Krux hierbei ist es, dass diese zum einen bestimmen ob und wo eventuell gebaut werden kann und zum anderen auch, welche Aktionen ihr durchführen dürft.
Beginnen wir bei den Aktionen. Jeder Kreuzung sind waagerecht und senkrecht zwei Aktionen zugeordnet. Die 5 Kreuzungen auf der Diagonalen ermöglichen euch sogar drei Aktionen, da die Eisenbahn-Aktion noch hinzukommt. Schauen wir uns ganz kurz alle Aktionen im Überblick an.
Ihr könnt Tücher, Münzen und Siegpunkte erhalten. Münzen und Tücher müsst ihr auf eurem Tableau platzieren. Zu Beginn des Spiels stehen euch allerdings nur 4 Lagerplätze zur Verfügung. Weitere Plätze, die euch dann am Spielende auch Siegpunkte bringen, müsst ihr zunächst durch die Aktion „Pflastersteine platzieren“ freispielen. Diese Pflastersteine platziert ihr auf dem Marktplan, was euch sofort einen Bonus einbringt.
Des Weiteren könnt ihr breite oder schmale Straßen bauen. Diese nehmt ihr einfach von eurem Tableau und legt diese auf die entsprechenden Slots des Spielbretts. Deckt ihr einen Bonus ab, erhaltet ihr diesen sofort. Des Weiteren erhaltet ihr unmittelbar mit Platzierung einer Straße Siegpunkte. Jede schmale Straße bringt einen Siegpunkt plus einen weiteren Punkt je Straße, mit der sie in gerade Linie verbunden ist. Bei einer breiten Straße gibt es zwei Punkte plus zwei weitere je Straße in gerade Linie.
Neben den Straßen befinden sich auf eurem Tableau noch Kreuzungen, die ihr ebenfalls platzieren könnt. Diese könnt ihr auf jeder Kreuzung platzieren, auf der noch kein Kreuzungs-Plättchen liegt. Kreuzungen bringen euch zwei Vorteile. Zum einen erhaltet ihr sofort die Belohnungen aller angrenzenden Straßenfelder die noch nicht bedeckt sind und zum anderen erhaltet ihr eine Belohnung, wenn auf der Kreuzung Einwohner platziert werden. Ein frühzeitiger Bau lohnt sich folglich.
Ein weiteres, spielentscheidendes Element sind die Modernisme-Projekte. Insgesamt stehen euch 5 Felder zur Verfügung, auf die ihr Projekte platzieren könnt. Über Aktionen könnt ihr ein Projekt verbessern, indem ihr den Marker hochschiebt, wodurch sich der Multiplikator verbessert. Punkte erhaltet ihr am Spielende allerdings nur, wenn ihr euch im Spielverlauf auch ein Projekt nehmt, welches dann eine Voraussetzung zeigt, für die es am Spielende dann Punkte gibt. Dies ist eine gute Gelegenheit, um einmal kurz auf die Modernisme- und Cerda-Plättchen zu sprechen zu kommen. Zu Spielbeginn werden drei Cerda-Plättchen (insgesamt liegen dem Spiel 14 bei) gezogen und auf dem Spielplan platziert. Ihr entfernt die entsprechenden Modernisme-Projekte. Die restlichen Projekte werden gemischt und 4 Projekte werden auf die Felder gelegt. Dies sind die verfügbaren Projekte. So gibt es, zum Beispiel, Punkte für die Anzahl an Straßen, die Anzahl an eigenen Kreuzungsplättchen, für Modernisme-Marker auf dem oberen Feld, für Kreuzungen, die an mindestens drei Häusern angrenzen oder die Anzahl an gesetzten Pflastersteinen.
Eine weitere Möglichkeit ist der Bau eines öffentlichen Gebäudes. Es gibt 7 unterschiedliche Gebäude, von denen immer 4 ins Spiel kommen. Auf jedem Stapel liegen drei Gebäude, die zu Spielbeginn, absteigend nach Kosten, auf dem Marktplan platziert werden. Jedes Gebäude bringt immer eine sehr starke Sofort-Aktion mit sich und ihr erhaltet Siegpunkte. Je früher ihr ein Gebäude kauft, desto mehr Siegpunkte erhaltet ihr. Ihr dürft allerdings jedes öffentliche Gebäude nur einmal erwerben. Sofort-Aktionen sind, zum Beispiel, der sofortige Bau von breiten oder schmalen Straßen, die Platzierung eines Pflastersteins ohne die Platzierungsregeln einhalten zu müssen oder der Bau eines Kreuzungsplättchens.
Dann wäre da noch die Bewegung einer Straßenbahn. Nutzt ihr diese Aktion das erste Mal, platziert ihr eure Bahn einfach auf einem Straßenfeld. Bei jeder erneuten Bewegung, müsst ihr die Bahn von der momentanen Position um 1 oder 2 Straßenfelder weiterbewegen. Bewegt sich eure Straßenbahn bei dieser Bewegung über eure eigenen Straßen, zählt dies nicht als Bewegungspunkt. Am Ziel angekommen, könnt ihr dann einen Fahrgast platzieren und die Aktion durchführen, die mit dieser Straße verbunden ist.
Bau eines Hauses
Nach Aktionsdurchführung müsst ihr, falls möglich, ein Haus bauen. Schauen wir uns als erstes die unterschiedlichen Häuserarten an.
Es gibt Häuser der Stufen 1, 2 und 3 sowie Eckhäuser. Häuser unterer Stufen können mit Häusern einer höheren Stufe überbaut werden - dementsprechend können Eckhäuser und Häuser der Stufe 3 nicht überbaut werden. Die Häuser stellen unterschiedliche Anforderungen in Bezug auf die angrenzenden Einwohner-Plättchen die erfüllt werden müssen, um das entsprechende Haus zu bauen. Angrenzend bedeutet, dass sich die Einwohner auf Kreuzungen um den Bauplatz herum befinden müssen.
Hier wird das Spiel auch sehr thematisch. So sind Häuser der Stufe 1 an zwei Seiten offen und erfüllen Cerdàs Idee (ich komme auf diese gleich noch kurz zu sprechen) und dadurch werdet ihr auch mit einem Schritt auf seiner Leiste belohnt. Häuser der Stufe 2 sind an drei Ecken geschlossen und entsprechenden nicht seinem Gedanken, so dass ihr hier auf seiner Leiste einen Schritt zurückgehen müsst aber dafür einen Schritt auf der Sagrada-Leiste nach vorne ziehen dürft. Auch diese Leiste werden wir uns gleich noch kurz separat anschauen.
Ihr nehmt euch einfach das Haus, erhaltet die Belohnungen und legt es auf das Feld.
Nach Bau eines Hauses nehmt ihr die benötigten Einwohner, die von unterschiedlichen Stapeln kommen müssen und platziert diese auf den Einwohnerleisten und zwar immer auf das am weitesten links liegende freie Feld. Die Platzierung triggert auch die Zwischenwertungen und die Endwertung. Des Weiteren erhaltet ihr noch Siegpunkte in Höhe des niedrigsten Werts, der noch nicht mit Einwohnern überdeckt ist.
Die Sagrada-Leiste
Die Sagrada-Familie baute eines der berühmtesten Modernista-Gebäude. Diese Leiste stellt eine alternative Geschichte dar. In dieser müssen wir unser Modernista-Können unter Beweis stellen, um mit der Gestaltung der Sagrada Familie beauftragt zu werden.
Immer wenn wir Punkte erhalten, rücken wir auf dieser Leiste vor. Überspringen wir dabei eine Aussparung, so wählen wir eines der noch ausliegenden Sagrada-Plättchen der entsprechenden Stufe, erhalten die Belohnung und legen das Plättchen an unser Tableau.
Die Cerdà-Leiste
Seine grundlegende Idee war es damals, dass Häuser nur aus 2 Kanten von Häuserblöcken bestehen sollten. Der Rest des Platzes sollte für Parkanlagen oder weitere Orte der Sozialisierung der Nachbarschaft gedacht sein.
Im Spiel werdet ihr Aktionen durchführen, die seinem Gedanken entsprechen oder eben auch nicht und euch dann auf dieser Leiste weiter nach vorne oder eben zurückbewegen. Der Multiplikator ist für die Cerdà-Wertung von Relevanz. Werfen wir nun einen kurzen Blick auf die Wertungen.
Die Wertungen und das Spielende
Zu Beginn des Spiels werden drei Plättchen für die Zwischenwertungen gezogen. Nach der dritten Zwischenwertung erfolgt noch eine kurze Endwertung. Die große Masse eurer Punkte erhaltet ihr im Verlaufe des Spiels und im Rahmen der Zwischenwertungen.
Eine Zwischenwertung wird ausgelöst, sobald ihr ein Einwohnerplättchen auf einer der drei Leisten auf die letzte Position eines Segments legt bzw. die letzte Position überschreitet.
In den Zwischenwertungen schaut ihr, wie gut ihr die Vorgabe des entsprechenden Plättchens erfüllt habt. So gibt es, zum Beispiel, Punkte für den Bau von Straßen oder der Platzierung von Kreuzungen. Eure erreichten Punkte werden nun noch mit dem erreichten Multiplikator auf der Cerdà-Leiste multipliziert. Im Anschluss an die Zwischenwertung wird der Marker der Cerdà-Leiste wieder auf die Ausgangsposition zurückgesetzt. Solltet ihr euch unterhalb dieser befinden, so rückt ihr allerdings nicht wieder nach vorne.
Nach der dritten Zwischenwertung erfolgt noch die kurze Schlusswertung. Hier erhaltet ihr, zum Beispiel, noch Punkte für eure Modernisme-Projekte, für eure platzierten Fahrgäste oder eure platzierten Pflastersteine.
Die optimale Spielerzahl
Konzipiert ist das Spiel für 1 bis 4 Personen.
Grundsätzlich funktioniert das Spiel in jeder Spieleranzahl sehr gut und macht großen Spaß. Allerdings muss man, aufgrund der dargestellten Auslösung des Spielendes, ein wenig was beachten.
Meine erste Partie war in einer Vierer-Runde und ich war echt „entsetzt“ als das Spiel dann plötzlich super schnell zu Ende war und ich nach der zweiten Cerda-Wertung nur einen, maximal zwei (ich weiß es nicht mehr genau), Züge machen konnte. In dieser Konstellation muss man seine Züge arg bedenken und das Beste aus den Möglichkeiten herausholen.
In einer Partie mit 2 Personen hingegen, kann man das Spielende dann doch deutlich weiter hinausziehen und seine Planungen machen. Dann entwickelt sich das Spiel zu einem wahren Punktemonster.
Aus meiner Sicht sind 3 Personen für dieses Spiel die Idealbesetzung, da hier eben genau das Mittelding zwischen plötzlichem Spielende und langem hin und her gegeben ist.
Ich persönlich würde daher bei einer 2-Personen-Partie empfehlen, den Automa-Spieler hinzuzunehmen. Dieser hört auf den Namen Gaudi und ist euer Gegner beim Solo-Spiel. Ich gehe gleich noch kurz auf dieses ein. Problemlos könnt ihr ihn hinzunehmen und er wählt, anhand einer Prioritätenliste eine Kreuzung, platziert dort seine beiden Einwohner und baut ggfs. ein Haus. Dies sorgt eben dafür, dass ein endloses langes hin und her nicht mehr möglich ist und ihr euch auf neue Gegebenheiten eistellen müsst. Die Aktionen, die der Automa im Solo-Spiel macht, führt ihr dann einfach nicht durch.
Das Solo-Spiel ist ebenfalls sehr zu empfehlen. Wie oben dargestellt erfolgt zunächst die Platzierung der Einwohner sowie der Bau eines Hauses. Anschließend führt ihr die Aktion gem. der aufgedeckten Karte des Gaudi-Stapels durch. Gaudi verhält sich hier wie ein „normaler“ Spieler. Das tolle an diesem Solo-Modus ist es, dass dieser super einfach durchzuführen ist. Habt ihr es einmal verinnerlicht, so dauert eine Partie nur eine gute Stunde. Den Schwierigkeitsgrad könnt ihr variabel anpassen, was ebenfalls klasse ist.
Eine Empfehlung auch für Solo-Spieler.
Fazit
Barcelona, eine Stadt, die jedes Jahr unzählige Touristen anlockt, ist Schauplatz dieses klassischen Euro-Games. Wir befinden uns Mitte des 19. Jahrhunderts und versuchen, die moderne Stadtplanung von Ildefons Cerdà umzusetzen.
Thematisch gefällt mir das schon einmal sehr gut und an vielen Stellen des Spiels kommt das Thema auch sehr gut durch. Wie von Euro-Spielen gewohnt wird es natürlich auch an vielen Stellen, aufgrund des Mechanismus, durchbrochen.
Absolut toll finde ich die Spielmechanik und die Verzahnung der einzelnen Aktionen untereinander. Elementar ist der Einsatzmechanismus der zwei Einwohner zu Beginn eurer Spielphase, da dieser die zwei wesentlichen Faktoren bestimmt. Zum einen nämlich ob und wo eventuell gebaut werden kann und zum anderen bestimmt die Platzierung die euch zur Verfügung stehenden Aktionen. Diese beiden Dinge in Einklang zu bringen ist ganz schön knifflig. Manchmal möchtet ihr nämlich unbedingt an einer bestimmten Stelle bauen, könnt aber die Aktionen nicht so gut gebrauchen. Oder ihr wollt unbedingt eine bestimmte Aktionskombination, liefert aber dadurch dem Folgespieler eine Steilvorlage zum Bauen.
Ihr merkt, dass viel zu beachten bzw. zu bedenken ist. Oftmals könnt ihr nämlich auch tolle Kettenreaktionen auslösen. Dies sorgt dann eben auch dafür, dass es zu ein wenig Downtime kommen kann. Im Schnitt dauern die Partien so zwischen 90 und 120 Minuten.
Das Spiel ist eine wahre Punktschlacht, was einige bestimmt kritisieren werden, weil es sich nicht immer belohnend anfühlt, wenn man quasi mit Punkten überhäuft wird. Ich persönlich finde es gut, weil es eben unzählige unterschiedliche Wege gibt, um Siegpunkte zu generieren. Einen Königsweg konnte ich noch nicht entdecken und das macht, aus meiner Sicht, ein Spiel sehr stark.
Neben den unendlichen vielen Spielstrategien sind es außerdem noch die unterschiedlichen Cerdà-Plättchen und die öffentlichen Gebäude sowie die immer unterschiedliche Verteilung der Aktions-Plättchen, die für einen enormen Wiederspielwert sorgen. Hier gleicht kein Spiel dem anderen, da aufgrund dieser Faktoren immer eine andere Fokussierung gefragt ist, die eine andere Herangehensweise an das Spiel bedingt.
Insgesamt gehört Barcelona zu den Spielen, die mir in diesem Jahr, zumindest bis dato, mit am besten gefallen haben und erhält eine klare Empfehlung.
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