Blumenstraße
„Blumenstraße“, ist die deutsche Ausgabe von Windmill Valley und bei Giant Roc erschienen. Es handelt sich um ein Euro-Game mit einem schönen Rad-Auswahlmechanismus für 1 bis 4 Spieler von Dani Garcia.
Im späten 19. Jahrhundert ist die Landschaft in den Niederlanden geprägt von Windmühlen, die sich durch diese ziehen. Dazwischen liegen Felder voller Tulpen.
Wir möchten die erfolgreichste Tulpenfarm betreiben. Dazu stellen wir Arbeitskräfte ein,
bauen Windmühlen und pflanzen natürlich auch Tulpen…
Ein Blick in die Spieleschachtel
Das Spielmaterial ist sehr gut. Ein wenig Platz benötigt ihr allerdings auf dem Spieltisch, denn das Spielbrett ist überdimensional groß und auch der Spielerbereich benötigt ein klein wenig Platz.
Sonderlob gibt es für die doppellagigen Playerboards. Neben der tollen Optik kann man links die Windmühlen toll in die entsprechenden Aussparungen stellen. Des Weiteren stehen die Boards nach oben ein wenig ab, so dass man von oben und unten die Karten perfekt so unter das Board schieben kann, bis man nur noch den Teil sieht, der von Interesse ist. Die Karten fühlen sich sehr gut an und sämtliches Pappmaterial hat eine ordentliche Dicke. Einzig die kleinen Papptulpen gefallen mir nicht ganz so gut. Allerdings erfüllen diese komplett ihren Zweck und wer diese anders haben möchte, der greift eben auf andere Optionen zurück.
Die Anleitung muss ebenfalls lobend erwähnt werden. Diese ist super einfach geschrieben und zahlreiche Bilder sowie Beispiele erleichtern das Verständnis.
Das Spielsystem
Das Spielsystem ist recht einfach gehalten und in den Regeln ist man sehr schnell drin. Nach den ersten Aktionen hat man gut verinnerlicht, was denn alles zu tun ist und auf was es zu achten gilt.
Schauen wir uns als erstes kurz gemeinsam den Schleusenmechanismus an. Dieser ist sehr genial und erfrischend. Zu Beginn eines Zuges wird als erstes die Schleuse angepasst, woraus sich dann die Fließgeschwindigkeit des Wassers ergibt. Der Schleusenanzeiger kann sich auf einer von drei Stufen befinden. Diese Anpassung ist elementar, da sich aufgrund der Stellung der Schleuse die Anzahl an durchzuführenden Drehungen eures Mühlrads ergibt, die nämlich der Fließgeschwindigkeit entspricht. So könnt ihr keine Veränderungen an der Schleuse durchführen, die Schleuse schließen oder öffnen. Wollt ihr die Schleuse schließen, schiebt ihr den Schleusenanzeiger einfach um ein oder zwei Stufen nach unten, was kostenlos ist. Wollt ihr die Schleuse hingegen öffnen, kostet euch die Bewegung von Stufe 1 nach 2 1 Gulden und die Bewegung von 2 nach 3 2 Gulden. Als Belohnung erhaltet ihr Siegpunkte.
Anschließend muss der Wasserstand angepasst werden. Ihr rückt dazu den Wasserstandsanzeiger einfach um die angegebene Anzahl an Feldern nach vorn.
Entsprechend der Fließgeschwindigkeit dreht ihr das Mühlrad nun im Uhrzeigersinn um die entsprechende Anzahl an Segmenten weiter. Durch Abgabe von Werkzeugen könnt hier die Anzahl an Drehungen manipulieren. Je Werkzeug ist es nämlich möglich, die Anzahl an Drehungen um 1 zu erhöhen oder zu senken. Die Anzahl an Drehungen muss aber mindestens eins und maximal vier betragen. Da eure Mühlräder miteinander verbunden sind, bewegen sich immer das rechte und das linke Rad. Anschließend könnt ihr dann eine der beiden nun aktiven Aktionsmöglichkeiten auswählen und diese durchführen.
Schauen wir uns kurz die einzelnen Möglichkeiten an.
Über die Aktion „Mühlrad verbessern“ könnt ihr eines der vier zur Verfügung stehenden Mühlradverbesserungen nehmen und auf einem Segment in eurem Mühlrad platzieren. Diese Verbesserungen sind einer der interessantesten Punkte des Spiels, bedingen aber auch genau Überlegung, da es eben auch möglich ist Aktionen zu überbauen, die man meint nicht mehr zu benötigen. Zwei der Plättchen sind umsonst, wohingegen die anderen beiden Plättchen 1 bzw. 2 Gulden kosten, dafür aber stärkere Effekte haben. Ist, zum Beispiel, auf einem Plättchen ein Plus-Symbol, so können beide Mühlrad-Aktionen durchgeführt werden, was ungemeine Vorteile hat. Gegen Zahlung eines Guldens dürft ihr vor dem Nehmen eines Plättchens die Auslage erneuern.
Die Aktion „Verbessere die Tulpenfarm“ lässt euch eine der drei ausliegenden Tulpenfarm-Verbesserungs-Karten nehmen. Die Karten können auf zwei verschiedene Arten eingesetzt werden. Entweder schiebt ihr sie von oben in den nächsten freien Slot eures Boards und erhaltet so eine dauerhafte Verbesserung oder ihr schiebt sie von unten in einen Slot und die Karten fungiert von nun an als Auftrag und ihr erhaltet am Spielende Siegpunkte in Abhängigkeit von der Erfüllung. Wie auch bei den Verbesserungen des Mühlrads könnt ihr einmalig vorher einen Gulden bezahlen, um die Auslage zu erneuern.
Schauen wir uns nun die Aktion „Baue eine Windmühle“ an. Die Windmühlen sind in Gruppen links auf eurem Board zu finden. Theoretisch könnt ihr frei entscheiden, welche Windmühle ihr als nächstes platzieren möchtet. Doch Achtung: Wenn ihr alle Windmühlen einer Gruppe gesetzt habt, erhaltet ihr für die gepflanzten Tulpen am Ende Siegpunkte. Und diese hauen richtig rein. Das Platzieren ist dann sehr einfach. Ihr nehmt die gewünschte Windmühle und platziert sie auf einem freien Feld. Zwei Voraussetzungen müssen hierbei eingehalten werden. Sind auf dem gewünschten Kosten angegeben, müsst ihr diese bezahlen können. Des Weiteren muss ein ununterbrochener Pfad von der neu platzierten Mühle bis zum Markt vorhanden sein. Befinden sich auf dem genutzten Pfad Windmühlen von Gegenspielern, erhalten diese jeweils einen Siegpunkt für jede ihrer Windmühlen, die auf dem Pfad liegen. Nutzt ihr nur eure Windmühlen erhaltet ihr keine Punkte. Anschließend führt ihr dann die mit dem Feld verbundenen Aktionen durch. So erhaltet ihr Tulpen, Geld oder weitere Aktionen.
Die Aktion „Besuche den Markt“ ermöglicht es euch Tulpen zu bekommen und/oder Tulpen einzupflanzen. Die weiße Zahl auf dem Plättchen gibt hierbei die Bewegungspunkte an, die euch zur Verfügung stehen und die rote Zahl stellt die Kosten dar.
Für jeden Bewegungspunkt bewegt ihr eure Spielscheibe um einen Sektor weiter. Anschließend erhaltet ihr die Belohnung des Bereichs, indem sich eure Scheibe jetzt befindet. Ihr dürft euch allerdings nur eine der abgebildeten Belohnungen aussuchen und erhaltet diese Belohnung in Höhe der Anzahl der Scheiben, die sich im entsprechenden Bereich befinden. Ist der nächste Bereich voll, dürft ihr diesen entweder überspringen oder eure Scheibe auf eine Scheibe in diesem Bereich stellen, was euch allerdings einen Gulden kostet den die entsprechende Farbe erhält. Vor jeder Bewegung dürft ihr einen Gulden bezahlen, um eine neutrale Spielscheibe in einen anderen Bereich zu verschieben.
Dann wäre da noch die Aktion „Betreibe Fernhandel“ die, zumindest aus meiner Sicht, eher eine untergeordnete Rolle spielt. Ihr habt hier zwei Optionen. So könnt ihr entweder eine Tulpe aus eurem persönlichen Vorrat auf ein freies der vier Felder legen und die beiden korrespondieren Aktionen durchführen oder euch die auf der Karte liegenden Tulpen nehmen und bei euch einlagern. Wählt ihr erste Option, muss die Tulpe eine andere Farbe haben, als die Tulpen, die bereits auf der Karte liegen.
Dann ist da noch die Aktion „Pflanze Tulpenzwiebeln“, die ich mir aufgrund der Relevanz bis zum Schluss aufgespart habe. Relevanz deshalb, weil ihr durch eure Tulpen die meisten Siegpunkte im Spiel generiert. Mit dieser Aktion pflanzt ihr Tulpen aus eurem Lager in eines von euren Beeten.
Führt ihr diese Aktion durch nehmt ihr eine Tulpe aus eurem Lager und pflanzt es auf die am weitesten links liegende Position in einem Beet. Überdeckt ihr dabei eine Belohnung erhaltet ihr diese sofort. Auch wenn ihr die Tulpen, zumindest theoretisch, beliebig pflanzen könnt, müsst ihr hier genau überlegen. Die meisten Punkte erhaltet ihr nämlich, wenn alle Tulpen in einer Reihe die gleiche Farbe haben. Gleichzeitig sollte es euch gelingen, in den Spalten unterschiedliche Farben zu pflanzen.
Einzig die Aktion „Den Wasserstand senken“, welche ihr auf dem kleinen Mühlrad findet, haben wir uns jetzt noch gar nicht angeschaut. Durch diese Aktion könnt ihr den Wasserstand um 2 senken und erhaltet anschließend die Belohnung, die über dem entsprechenden Segment angegeben ist, aus dem der Wasserstandsanzeiger startet. Für mich persönlich ist dies eine Notaktion, die ich nur selten durchführe. Allerdings gibt es tolle Mühlrad-Verbesserungen, die diese Aktion als Zusatzaktion zulassen. Über diese Plättchen lohnt es sich sehr nachzudenken.
So spielt ihr dann über eine unbestimmte Anzahl von Runden über vier Jahre. Ein Jahr endet für einen Spieler immer dann, wenn das Mühlrad mit der roten Speiche den roten Pfeil erreicht oder überschreitet. Immer dann rückt ihr eure Spielscheibe auf das nächste Feld rechts und erhaltet die „normale“ Belohnung sowie eine der noch verfügbaren Belohnungen.
Das Spielende wird eingeleitet, sobald ein Spieler mit seiner Scheibe das letzte Feld der Kalenderleiste erreicht hat. Ihr spielt die aktuelle Runde noch zu Ende und anschließend dann noch eine komplette Runde. Dann geht es an die Schlusswertung und es zeigt sich, wer die erfolgreichste Tulpenfarm geleitet hat.
Die optimale Spielerzahl
Konzipiert ist das Spiel für 1 bis 4 Personen. Auf den Solo-Modus gehe ich gleich kurz gesondert ein.
Grundsätzlich macht das Spiel in jeder Teilnehmerzahl Spaß, spielt sich aber in Bezug auf den Schleusenmechanismus doch sehr unterschiedlich. Ich komme im Fazit noch einmal auf diesen Punkt zu sprechen. Tendenziell macht mir persönlich das Spiel mit 3 Personen am meisten Spaß. Je mehr Personen teilnehmen, desto größer wird allerdings auch die Downtime.
Die Spieldauer beträgt ca. 60 bis 120 Minuten. Hierbei ist aber Voraussetzung, dass alle Spieler mit den Regeln vertraut sind. Die ersten Partien dauern, speziell in Vollbesetzung, deutlich länger.
Auch an die Solo-Spieler wurde gedacht. Ihr spielt hier gegen die Gärtnerin, die über ein Kartendeck gesteuert wird. Grundsätzlich gelten die Regeln des normalen Spiels. Ihr führt euren Spielzug nach den üblichen Regeln aus. Anschließend deckt ihr die oberste Karte des Solo-Decks auf und legt diese neben den Nachziehstapel. Die Aktion der Gärtnerin richtet sich nun nach diesen Karten.
Bei Solo-Spielen kommt es für mich persönlich sehr stark darauf an, wie „einfach“ die Durchführung der gegnerischen Aktionen sind. Dies ist hier super einfach und die Erledigung dauert keine 30 Sekunden. Ein weiterer elementarer Faktor bei Solo-Spielen ist das eigentliche Spielgefühl. Und dies ist bei Blumenstraße wirklich erstklassig. Das Spiel fühlt sich an als ob ihr gegen einen „echten“ Gegner spielt.
Einmal mit den Regeln vertraut dauert eine Partie ca. 60 Minuten.
Auch eine klare Empfehlung für reine Solo-Spieler.
Fazit
Dani Garcia hat mit Arborea und Barcelona 2023 zwei richtig tolle Spiele hingelegt. Mit Blumenstraße setzt er diesen positiven Trend fort.
Wie bei den beiden zuvor genannten Titeln ist auch Blumenstraße ein recht einfach zu erlernendes Spiel in dem allerdings eine ordentliche Portion Tiefe steckt. Hohe Punktzahlen erreicht ihr nämlich nur, wenn ihr wirklich geschickt plant und alle Aktionen aufeinander ausrichtet. Wenn euch dann klasse Kettenzüge gelingen, fühlt sich das unheimlich belohnend an.
Als sehr gelungen empfinde ich den Schleusenmechanismus in Verbindung mit dem Mühlrad. Hier macht es großen Spaß, seine Aktionen schon vorab zu planen und zu optimieren. Allerdings muss man schon sagen, dass dieser erst ab 3 Personen (oder im Solo-Spiel) eine große Rolle spielt bzw. überhaupt genutzt wird – zumindest war dies in meinen Partien so der Fall. Gulden sind die große Mangelressource in diesem Spiel und das Öffnen der Schleuse ist schon recht teuer. Im Spiel mit 2 Personen wurde dies, zumindest fast, gar nicht genutzt. Man wollte das Geld sparen und eher viele Aktionen erledigen. Wenn man sein Rad mal um mehr als ein Segment drehen wollte, wurde meistens Werkzeuge dafür genutzt. Dies führte eben auch dazu, dass man die Aktion des Senkens des Wasserstands nie gemacht hat. Je mehr Personen am Spiel teilnehmen, desto wichtiger werden allerdings diese Möglichkeiten.
Einen kleinen Kritikpunkt habe ich bzgl. der Start-Tulpenfarm-Verbesserungs-Karten. Die Karte, die sich auf die „Besuche den Markt“ Aktion bezieht ist nämlich im Vergleich zu den anderen unverhältnismäßig stark. Spielt ihr mit unerfahrenen Spielern, solltet ihr diesen Spielern diese Karte geben. Wenn ihr euch eine echte „Schlacht“ liefern wollt und mit Spielern spielt, die das Spiel alle kennen, solltet ihr diese Karten aus dem Spiel nehmen.
Blumenstraße kann problemlos auch von erfahrenen Familienspielern gespielt werden, die sich langsam aber sicher in etwas komplexere Gefilde bewegen wollen.
Insgesamt hat mir Blumenstraße sehr großen Spaß gemacht und hat sich in meiner Favoritenliste von diesem Jahr einen Platz gesichert.
Comments