Campus Galli – vereint Kultur, Geschichte und Brettspiel
„Campus Galli“, von Huch, ist ein Plättchen-Lege-Spiel für 1 bis 4 Spieler von Steffen Bogen mit Illustrationen von Harald Lieske.

Der Klosterplan von St. Gallen ist einer der ältesten Architekturpläne der Welt und fasziniert noch heute viele Menschen. In der Klosterstadt Meßkirch wird auf dieser Grundlage ein neuer Klosterkomplex mit historischen Arbeitstechniken aufgebaut.
In diesem Spiel holen wir uns die Baustelle auf den Spieltisch und errichten Gebäude, lassen die Klostergemeinschaft wachsen, fertigen erste Bücher und kämpfen gegen Unfälle oder Krankheiten.
Ein Blick in die Spieleschachtel
Ausgenommen der Karten gefällt mir das Material sehr gut. Die Karten nutzen sich irgendwie sehr schnell ab. Bereits nach meiner dritten Runde waren die Abnutzungserscheinungen deutlich zu sehen. Das weitere Material ist klasse und die Pappteile haben alle eine klasse Dicke.
Highlight des Spiels ist der tolle Klosterplan.

Die Anleitung lässt mich zwiegespalten zurück. Der historische Part ist klasse und der interessierte Spieler erfährt hier einiges über die Entwicklung vom Klosterplan zum Spielplan, von der Benediktsregel zur Spielregel und erhält Infos über St. Gallen und Meßkirch.
Das eigentliche Regelwerk ist nicht komplett gelungen, da einige Stellen ein wenig unklar bzw. schwer formuliert sind und dann gibt es noch falsche Angaben. Es sollte daher von einem erfahrenen Spieler gelesen werden.
Laut Anleitung soll es 48 Karten mit der Kennzeichnung I geben – dem Spiel liegen aber nur 44 Karten bei. Die 44 Karten sollen die richtige Anzahl sein. Des Weiteren steht in der Anleitung, dass im Spiel mit 3 Personen 11 Aktionskarten zu verwenden sind, aber auf dem Tableau stehen 10 Karten. Ich habe mich an die Anzahl auf dem Tableau gehalten. Des Weiteren gibt es zu viele Spielfiguren was erst einmal nicht schlimm ist aber es ist eben ein wenig verwirrend.
Das Spielsystem
Das Spielsystem ist klasse und macht großen Spaß.

Besonders gelungen ist es hier, dass das Spiel sich modular aufbaut. Es gliedert sich quasi in unterschiedliche Schwierigkeiten. So könnt ihr bei Level 1 anfangen und euch hier mit der Spielmechanik vertraut machen und dann die Level 2 und 3 machen. In diesen kommt dann weiteres Material, weitere Karten und regeln dazu.
Starten wir mit dem ersten Level und werfen dann einen kurzen Blick auf die Änderungen, die bei den Stufen 2 und 3 auf uns zukommen.
Jeder Spieler startet mit einem Deck, welches aus Aktionskarten und einem Engel besteht. Der Engel ist einfach eine sehr mächtige Aktionskarte, die jeder Spieler einmal erhält. Diese Karten erlauben es den Spielern Bauteile auszuwählen und in das Kloster einzubauen.
So gibt es im Spiel insgesamt 40 Bauteile in 4 unterschiedlichen Farben und Formen. Die Hälfte dieser ist mit einem schwarzen Säckchen gekennzeichnet und kommen in den schwarzen Beutel. Dieser wird als Betsäckchen bezeichnet. Die anderen 20 Teile werden neben dem Spielplan ausgelegt und bilden die Bauhütte.
Bei den Aktionskarten gibt es in Level 1 lediglich Karten mit rotem oder blauem Hintergrund. Die Karten mit rotem Hintergrund geben euch Zugriff auf die Bauhütte und die mit blauem Hintergrund Zugriff auf das Betsäckchens. Der Engel erlaubt euch beide Optionen.
Ein Spielzug läuft nun recht einfach ab. Zu Beginn zieht jeder Spieler 2 Karten seines, vorher natürlich gemischten, Aktionsstapels. Ein der beiden Karten wird nun zur Aktionsdurchführung ausgewählt und die andere Karte wird auf den Stapel „nächstes Jahr“ gelegt. Da dieser Stapel im zweiten Durchgang benutzt wird, erhaltet ihr also definitiv noch einmal Zugriff auf die weggelegte Karte. Haben alle Spieler ihre Wahl getroffen, werden die Karten gleichzeitig umgedreht. Die Zugreihenfolge wird nun anhand der Zahl in der Ecke unten rechts bestimmt. Es beginnt der Spieler mit der kleinsten Zahl, danach die nächsthöhere Zahl und so weiter.

Anschließend geht es dann an die Platzierung des entsprechenden Bauteils. Zu Spielbeginn liegen lediglich die Bauteile A, B und C mit ihrer Baustellenseite aus. Die anderen Teile liegen auf der Seite mit dem Pergament und dürfen noch nicht bebaut werden. Diese Teile werden dann aber natürlich im Laufe des Spiels auf ihre Baustellenseite gedreht.
Ihr dürft Bauteile nur legen, wenn mindestens ein Feld eines Holzgebäudes ersetzt wird. Nicht platzieren dürft ihr Bauteile auf anderen Bauteilen oder auf Bäumen. Wenn es euch gelingt, ein Bauteil so zu platzieren, dass mindestens ein Symbol der Farbe des Teilbauteils überdeckt wird und gleichzeitig kein Teil auf einem Wiesenfeld liegt, dürft ihr eine Figur als Baumeister auf das Bauteil setzen. Dieser ist am Spielende einen Punkt wert. Doch ihr solltet darauf achten, dass ihr die Bauteile möglichst lückenlos legt. Entsteht bei der Platzierung auf Holzgebäuden nämlich eine Lücke von drei Feldern oder kleiner, müsst ihr in die Lücke eine Figur legen. Diese ist ein fauler Mönch und bringt euch am Spielende einen Minuspunkt. Doch es gibt zwei Möglichkeiten, diesen wieder wegzubekommen. Entweder schließt ein Spieler durch legen eines Bauteils die Lücke oder die Lücke wird durch das Umdrehen eines angrenzenden Pergamentteils wieder geöffnet.
Nun gilt es, einen Blick auf die Aufgaben zu werfen, die ihr allerdings immer beachten müsst, da diese einen Großteil der Punkte am Spielende ausmachen. Je nach Spieleranzahl liegt hier eine bestimmte Anzahl an Karten offen aus.
Erfüllt ihr am Ende eures Spielzugs eine der Bedingungen nehmt ihr euch die Karte und legt sie auf das entsprechende Feld eures Tableaus. Leider ist die Anleitung hier auch nicht eindeutig. Wir haben es so gespielt, dass man sich auch 2 Karten nehmen kann, wenn man die Bedingungen erfüllt.

So gilt es, zum Beispiel, ein bestimmtes Bauteil auf dem genannten Klostergebäude zu platzieren, eine bestimmte Farbkombination zu erfüllen oder ein Bauteil auf ein genanntes Feld zu legen. Jeder erfüllte Auftrag ist am Spielende einen Punkt wert. Genommene Karten werden unmittelbar ersetzt.
Wenn es am Ende des Spielzugs gelungen ist, das letzte freie Gebäudefeld eines Klostergebäudes zu belegen, darf man ein beliebiges Klostergebäude von der Pergamentseite auf die Baustellenseite drehen und eine Figur als Baumeister auf die Wiese stellen. Diese zählt dann am Spielende wieder einen Punkt.
So spielt ihr dann Runde um Runde, bis der Kartenstapel aufgebraucht ist. Im Anschluss mischt ihr alle Karten, die auf dem Feld „nächstes Jahr“ liegen. Diese bilden euren neuen Aktions-Karten-Stapel und ihr spielt eine weitere Runde. Ist der Stapel dann erneut aufgebraucht endet die Partie.
Änderungen in den Leveln II und III
Grundsätzlich gelten in jedem Level die Regeln des vorangegangenen Levels. Die Änderungen heben das Spiel im Komplexitätsgrad deutlich an und ab Level II müsst ihr die andere Seite des Spielertableaus nutzen. Ich werde jetzt nur einen kurzen Überblick über die Änderungen geben.
In jedem Level kommen weitere Aufgaben- und Aktionskarten hinzu, die euch dann auch komplett neue Aktionsmöglichkeiten bieten. Die Aufgabenkarten werden einfach zusammen gemischt. Von den Aktionskarten erhaltet ihr immer eine bestimmte Anzahl an Karten je Level.

Ein wesentlicher Unterschied ist, dass ihr nun drei Aktionskarten zieht und davon eine auswählen müsst. Des Weiteren müsst ihr Aktionskarten jetzt mit Plaketten bezahlen und könnt diese nicht einfach mehr „kostenlos“ ausspielen. Deshalb gibt es jetzt auch die Möglichkeit zu betteln. Könnt oder wollt ihr eine Aktionskarte nicht ausspielen, so legt ihr diese auf das blau-rote Feld und erhaltet dafür 2 beliebige Plaketten. Das Plakettensystem ab Level führt auch dazu, dass ihr keine direkten Siegpunkte mehr durch den Einbau von Bauteilen erhaltet. Stattdessen könnt ihr hier Plaketten bekommen.
Des Weiteren kommen in Level II die Aktionen „Buch fertigen“ und „Gast ins Kloster“ holen hinzu, über die ihr nun Siegpunkte generieren könnt.
In Level 3 kommen 2 wesentliche Neuerungen hinzu. So gibt es nun Ereignisse, zum Beispiel eine Brandgefahr oder eine Seuchengefahr, die ihr bekämpfen müsst. Des Weiteren gibt es jetzt das Tableau „unerledigte Aufgaben“. Auf dieses Tableau werden die Aktionskarten, die nicht verwendet werden entsprechend ihrer Farbe gemischt und auf das zugehörige Feld gelegt. Nutzt ihr nun die neue Aktionskarte „unerledigte Aufgabe aus dem letzten Jahr“, erhaltet ihr Zugriff auf die Tafel.

Fazit
Plättchen-Legespiele erfreuen sich großer Beliebtheit und daher gibt es diese auch wie Sand am Meer. Es bedarf da schon eines Kniffs, um aus der Masse herauszustechen und die Spieler zu motivieren.
Ich nehme vorweg, dass Campus Galli mich komplett begeistert, da das Spiel mit mehreren Faktoren punktet, die es von der Masse nach oben abheben.
So ist das Spiel kompetitiv oder kooperativ spielbar, was super genial ist. Im kooperativen Modus müsst ihr gemeinsam eine bestimmte Punktzahl erreichen, um das Spiel zu gewinnen. Die Regeln unterscheiden sich ansonsten nicht vom kompetitiven Modus.

Absolut gelungen ist dann der modulare Aufbau des Spiels. Ist das Spiel bei Level 1 noch auf Familienniveau, so gelangt man ab Level 2 dann ins Kennerniveau. Das führt natürlich dazu, dass man mit diesem Spiel alle Spielertypen anspricht und Familienspieler auch gemeinsam mit dem Spiel wachsen können. Man muss eben nicht unendlich viel Regeln lernen, sondern kann mit einem überschaubaren Grundstock starten. Familienspieler müssen hier auch keine Angst haben, dass man nur ein unfertig wirkendes Spiel bekommt. Das Spiel kann man problemlos in Level 1 spielen und erhält ein vollwertiges Spielgefühl. Ist man drin, kann man sich problemlos dann auch an die weiteren Level machen. Kennerspielern würde ich empfehlen mit Level 1 anzufangen und dann sofort den zweiten Level nachzuschieben. Wir spielen mittlerweile ausschließlich Level 3.
Das Spiel ist konzipiert für 1 bis 4 Personen. Leider steht auf der Schachtel die Angabe 2 bis 4 Personen. Warum das so ist weiß ich nicht. Für das Solo-Spiel gelten die gleichen Regeln wie für das Mehrpersonenspiel. Das Spiel macht in jeder Konstellation großen Spaß. Je nach Level und Spieleranzahl dauert eine Partie zwischen 45 und 90 Minuten.
Insgesamt gefällt mir Campus Galli außerordentlich gut und das Spiel erhält eine klare Empfehlung und diese gilt nicht nur für Fans von Plättchen-Lege-Spielen.
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