Die Gilde der fahrenden Händler
„Die Gilde der fahrenden Händler“, von AEG und in der deutschen Version bei Skellig Games erschienen, ist ein Flip and Place Spiel für 1 bis 4 Personen von Matthew Dunstan und Brett J. Gilberts.
Das Königreich Tigomé floriert. Die Landkarte wurde aber schon lange nicht mehr aktualisiert. So entsendet die Königin die Gilde der fahrenden Händler, um alle Winkel des Landes zu erkunden.
Ein Blick in die Spieleschachtel
Das Spielmaterial ist sehr schön. Highlight sind die 8 doppelseitigen Landkarten, die sich unheimlich toll anfühlen. Jeder Spieler erhält die gleiche Karte, die dann das eigene Spielbrett für die weitere Erkundung darstellt. Die Karten sind mit einem Material überzogen, welches ein wenig rutschig ist. Hier muss man ein wenig vorsichtig sein, denn wenn man an die eigene Karte stößt, dann kann das Spielmaterial sehr schnell verrutschen. Dazu gibt es zahlreiche Holz- und Pappmarker. Des Weiteren noch zahlreiche Karten, die eine erstklassige Qualität haben.
Kritisieren muss ich leider die Farbwahl bei den Gebirgs- und Grasfeldern. Das Braun und das Grün ist bei ungünstigen Lichtverhältnissen, selbst für Leute ohne die geringste Farbsehschwäche, nur sehr schwer auseinanderzuhalten. Nun hat man zwar eine etwas andere Gestaltung der 6-Eck-Felder gewählt aber diese ist, zumindest auf einigen Feldern, nicht eindeutig.
Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die zahlreichen Münzen, die es in den Wertigkeiten 1, 5, 10 und 50 gibt. Alle Münzen sind nämlich komplett gleich. Sie haben die gleiche Rückseite, die gleiche Form und auch die gleiche Größe. Liegt also eine Münze mit der Rückseite oben, weiß man nicht, welche Wertigkeit diese hat. Das ist ein wenig ärgerlich, da man Münzen andauernd hin und her tauschen muss. Hier wurde nur suboptimal gearbeitet.
Die Anleitung ist erstklassig. Sie ist sehr strukturiert aufgebaut und absolut verständlich geschrieben. Fragen bleiben keine offen.
Das Spielsystem
Das Spielsystem ist super schnell verstanden und auch für die Regelerklärung benötigt man kaum mehr als 10 Minuten. Nach einem zügig erledigten Spielaufbau, kann der Spaß auch schon beginnen.
Zu Beginn einer Partie müssen sich die Spieler für eine der 4 Karten entscheiden. Zu jeder Karte gibt es noch 6 Zielkarten, von denen 3 gezogen werden.
Schauen wir uns kurz gemeinsam die Karten an. Auf jeder Karte findet ihr eine Hauptstadt. Diese stellt den Startpunkt für eure Erkundungen dar. Mit Grasland, Wüste, Berg und Gewässer gibt es 4 unterschiedliche Geländearten. Hierbei bildet eine zusammenhängende Gruppe der gleichen Geländeart ein Gebiet. Dies ist eine gute Gelegenheit, um auf die Gründung eines Dorfs zu sprechen zu kommen. Immer dann, wenn ihr ein Gebiet komplett erkundet habt müsst ihr einen Kundschafter, der auf einem leeren Feld (also ein Feld ohne Münzsymbol oder so) steht, entfernen und durch ein Dorf ersetzen. Neben Münzen entsprechend der Ära hat dies den Vorteil, dass Dörfer am Ende einer Runde nicht zurückgenommen werden müssen und ihr dementsprechend eure weitere Erkundung auch von hier angrenzend beginnen könnt. Des Weiteren befinden sich auf der Karte noch Felder mit Münzsymbolen (ihr erhaltet einfach die entsprechende Anzahl an Münzen), Ruinenfelder (ihr erhaltet eine Schatzkarte), Stadtfelder mit unterschiedlichen Werten (ich komme auf diese noch zu sprechen) und Entdeckungsfelder (hier werden Entdeckungstürme errichtet, die euch Münzen einbringen). So, jetzt kann das Spiel beginnen.
Ein Spielzug geht unheimlich schnell und alle Spieler können diesen parallel durchführen. So wird eine Karte vom Erkundungsstapel aufgedeckt. Erkundungsstapel? Stimmt den hatten wir noch nicht. Dieser Stapel ist das zentrale Element des Spiels und besteht aus 5 Basiskarten. Welche das sind, seht ihr auf dem Erkundungstableau. Des Weiteren liegen dort zu Spielbeginn noch 4 Ära-Karten. Vor dem ersten Spielzug mischt ihr die Karte I in den Erkundungsstapel, der nun aus 6 Karten besteht. Zu Beginn der zweiten Ära kommt dann auch noch Karte 2 hinein und so weiter. Gut, das ist also der Erkundungsstapel.
Wurde eine Karte gezogen, wird sie auf den passenden Platz des Erkundungstableaus gelegt. Ihr seht dort also immer genau, welche Karten noch kommen werden. Alle Informationen liegen für eure Planungen also offen. Nun führen alle Spieler die Aktion der entsprechenden Karte aus und platzieren die Kundschafter auf der Karte. Hierbei sind kleinere Regeln zu beachten. So muss ein Kundschafter immer angrenzend an ein eigenes Dorf, an die Hauptstadt oder an einen bereits platzierten Kundschafter gesetzt werden. Ihr müsst nicht alle Kundschafter platzieren, die ihr gem. der Karte könntet. Von dieser Möglichkeit werdet ihr oft Gebrauch machen.
Schauen wir uns jetzt die Felder an, die ihr erkunden werdet. Neben den angesprochenen Münzfeldern gibt es noch Ruinen. Platziert ihr einen Kundschafter auf so einem Feld nehmt ihr einen Schatzmarker und legt ihn unter den Kundschafter. Außerdem nehmt ihr euch eine Schatzkarte. Neben Sofort-Effekten wie das Platzieren eines Kundschafters oder dem Erhalt von Münzen gibt es noch Karten, durch die ihr am Spielende weitere Siegpunkte erhaltet. Dann wären da noch die Entdeckungsfelder, die bei jeder Erkundungsaktion erkundet werden können. Im Falle eines solchen Felds ersetzt ihr euren Kundschafter durch einen Entdeckungsturm und erhaltet Münzen in Abhängigkeit der Anzahl der bereits entdeckten Türme. Dann gibt es noch Felder, auf denen Zahlen mit den Werten 2, 3 oder 4 aufgedruckt sind. Dies sind Stadt-Felder. Immer dann, wenn ihr 2 Stadtfelder durch eine ununterbrochene Kette miteinander verbunden habt, habt ihr eine Handelsroute geschaffen und erhaltet sofort Münzen in Höhe des Multiplikationsergebnisses der beiden Zahlen. Nun müsst ihr noch einen Handelsposten-Token auf eine der beiden Städte legen. Diese Stadt kann nicht noch einmal für eine Wertung herangezogen werden.
Zu Beginn des Spiels habt ihr drei Zielkarten ausgelegt. Immer wenn ihr nach einer Erkundung die Bedingung einer der Karten erfüllt, legt ihr einen Kundschafter auf die Karte. Wer die Bedingung als erster erfüllt erhält 10 Münzen. Dieses Feld kann je Karte nur einmal besetzt sein. Lediglich wenn es 2 Spielern im gleichen Zug gelingt ein Ziel zu erfüllen, erhalten beide die 10 Münzen. Alle anderen Spieler müssen sich mit 5 Münzen begnügen.
Haben alle Spieler ihre Aktion durchgeführt, wird die nächste Karte gezogen. So geht es dann weiter, bis die Karte Ära I aufgedeckt wird. Jetzt kommt richtiges Leben ins Spiel denn theoretisch könnte, bis zu diesem Zeitpunkt, sich jeder Spieler für die gleichen Felder entschieden haben. Jetzt kommen Erforschungskarten ins Spiel, die euch spezielle Erkundungsaktionen liefern. Jeder Spieler zieht davon 2, entscheidet sich für eine, legt die Karte an den entsprechenden Platz der Landkarte, die andere Karte wird abgelegt und jeder Spieler führt die Aktion durch. In jeder Folgerunde führt ihr nun die Aktion eurer gewählten Karte durch, wenn die entsprechende Ära-Karte aufgedeckt wird. In den Runden 2 und 3 erhaltet ihr auf die gleiche Weise ebenfalls neue Entdeckungskarten, wenn die Karte der Ära aufgedeckt wird. In Runde 4 kommt eine Karte I/II/III ins Spiel. Wird diese Karte aufgedeckt, dürft ihr die Aktion einer der drei Entdeckungskarten durchführen. Ihr merkt wie wichtig die Entdeckungskarten sind. Die Aktion der Karte der Ära 1 führt ihr insgesamt viermal aus.
Die Runde endet, wenn der Erkundungsstapel aufgebraucht ist. Nun müsst ihr alle Kundschafter von der Landkarte entfernen und den Erkundungsstapel neu mischen. Vergesst das Hinzufügen der neuen Ära-Karte nicht.
Nach 4 Runden endet dann das Spiel. Euer Gesamtergebnis errechnet sich aus der Anzahl der im Spielverlauf gesammelten Münzen. Ggfs. erhaltet ihr am Spielende noch Münzen aufgrund von Schatzkarten. Der Spieler mit den meisten Münzen gewinnt das Spiel.
Die unterschiedlichen Landkarten
Mit Avenia, Aghon, Kazan und Cnidaria stehen euch vier Regionen von Tigome zur Verfügung, die es zu erkunden gilt. Die Grundregeln sind für alle Regionen gleich. Aber es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, um Münzen zu verdienen. So gibt es, zum Beispiel, in der Region Vulkane, die nicht erkundet werden können. Aghon hingegen ist eine Region, die aus einer Ansammlung kleiner Inseln besteht.
Durch die unterschiedlichen Landkarten spielt sich das Spiel immer anders.
Die optimale Spielerzahl
Konzipiert ist das Spiel für 1 bis 4 Personen. Auf den Solo-Modus gehe ich gleich kurz gesondert ein.
Da es sich um ein sehr solitäres Spiel handelt, hat die Teilnehmerzahl keinen Einfluss auf die Spielfreude. In jeder Größe macht das Spiel gleich viel Spaß. Downtime ist kein Thema und eine Partie dauert immer so zwischen 30 und 45 Minuten.
Der Solo-Modus spielt sich exakt so wie das Spiel mit mehreren Personen. Zu Beginn eurer Partie legt ihr lediglich die 5 Marker unterhalb der Zielkarten bereit. Wird nun erstmalig die Ära II Karte aufgedeckt, so wird der Marker auf das linke Feld der ersten Karten gelegt. Beim ersten Aufdecken der Ära III Karte kommt ein Marker auf das rechte Feld der linken Karte und einer auf das linke Feld der Karte in der Mitte. So funktioniert das dann auch mit der Karte der Ära I/II/III. Euch gehen also Punkte verloren.
Um das Spiel zu gewinnen, müsst ihr alle 3 Zielkarten erfüllen und eine gewisse Punktzahl erreichen.
Eine Solo-Runde dauert ca. 30 bis 40 Minuten und macht großen Spaß.
Fazit
Als ich das erste Mal „Die Gilde der fahrenden Händler“ gespielt habe, hat mich alles sofort an Kingdom Builder erinnert und das ist keine negative Kritik. Doch es ist kein Abklatsch dieses Klassikers sondern ein tolles Flip and Place Spiel, welches aus einigen Gründen meine persönliche Sammlung nicht mehr verlassen wird.
Zunächst einmal bin ich von der Optik, mit Ausnahme der angesprochenen Farbproblematik, sowie der gesamten Gestaltung super begeistert. Die einzelnen Tableaus sehen aus wie Landkarten, was ich absolut genial finde.
Weiter hätten wir noch die Einstiegshürde, die recht gering ausfällt. Somit können sich auch problemlos Familienspieler an diesem Spiel versuchen. Durch das gleichzeitige Spielen ist auch die Spieldauer nicht zu hoch und Downtime ist kaum vorhanden. Doch auch für Kennerspieler bietet es durch die unterschiedlichen Spielpläne und der zahlreichen Aktionskarten genug Abwechslung und taktische Tiefe. Je nach Karten, ist nämlich immer eine andere Herangehensweise erforderlich und alle Informationen liegen immer offen, so dass man seine Taktik planen kann. Diese kann aber, aufgrund des Glücksfaktors, auch ein wenig nach hinten losgehen. Ich hoffe auf diesen Punkt gleich zurück. Nicht böse wäre ich lediglich gewesen, wenn man noch ein paar Zielkarten mehr zur Verfügung hätte. Diese Faktoren sorgen natürlich auch zusätzlich für einen enorm hohen Wiederspielreiz.
Des Weiteren macht dieses Spiel, unabhängig von der Teilnehmerzahl, immer gleich viel Spaß.
Ein wenig muss euch aber das Glück hold sein - mit diesem Faktor müsst ihr Leben. Manchmal könnte man super Züge in der Runde machen, wenn als erstes eine bestimmte Karte kommen würde. Kommt diese Karte dann nicht, wirft das die eigene Planung ganz schön über Bord. Dazu gesellen sich noch die speziellen Aktionskarten die ihr erhaltet, wenn die Ära-Karte gezogen wird. Hier kann es einen hart treffen oder man bricht in Begeisterungsstürme aus. In meiner gestrigen Partie hatte ich in der Ära I eine Karte mit der ich ein Wasserfeld und bis zu 5 daran angrenzende Felder erkunden durfte. Das war sensationell und ich habe die ganze Taktik auf diese Karte umgestellt.
Klar muss euch aber sein, dass es sich bei „Die Gilde der fahrenden Händler“ um ein sehr solitäres Spiel handelt und die Interaktion auf ein absolutes Minimum begrenzt ist. Einzige Konfrontation kommt durch den Wettlauf um die schnellere Erfüllung der Zielkarten ins Spiel. Mich persönlich stört das nicht, da ich gerne auch mal alleine für mich plane und für mich spiele. Wenn aber ein solitäres Spiel ohne Interaktion nichts für euch ist, dann greift besser nicht zu.
Insgesamt ist dies ein echt tolles Spiel, welches eine klare Empfehlung erhält.
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