Discordia
„Discordia“, von Irongames, ist ein Würfelauswahlspiel für 1 oder 4 Spieler von Bernd Eisenstein.
Wir befinden uns im Jahre 49 nach Christus und sind als stehen als Statthalter im Wettstreit mit weiteren Siedlungen, um eine gemeinsame Grenzsicherung gegen die Überfälle germanischer Stämme zu gewährleisten. Doch es herrscht Zwietracht über den bestmöglichen Aufbau. So wollen wir Seeleute, Soldaten, Händler und Bauern für unsere Ziele einsetzen. Dafür bleiben uns nur 4 Jahre Zeit, denn Kaiserin Agrippina wird den erfolgreichsten Statthalter persönlich ehren…
Ein Blick in die Spieleschachtel
Das Spielmaterial geht absolut in Ordnung. Zu den Double-Layer-Boards muss man sagen, dass man diese zuerst zusammenkleben muss. Die untere Hälfte des Boards ist nur ein dünner Karton. Hier müsst ihr aufpassen, wenn ihr diese in der Schachtel verstaut, da es ansonsten zu unschönen Knicken kommen kann. Der Umgang mit den Boards funktioniert dann klasse und sie sehen richtig gut aus. Ebenfalls nur sehr dünn ist der eigentliche Hauptspielplan. Das weitere Material ist aus dicker Pappe. Ich persönlich hätte es besser gefunden, wenn man noch einen großen Beutel für die Stadtplättchen beigepackt hätte, da die See-Plättchen doppelseitig sind. Hier ertappt man sich beim Vorbereiten der Nachziehstapel dabei, dass man diese Plättchen dann eben einfach verteilt. Da der Durchsatz aber sehr hoch ist, fällt das nicht ins Gewicht.
Die Anleitung ist sehr verständlich geschrieben und Fragen bleiben keine offen. Insbesondere gefällt mir die Struktur.
Das Spielsystem
Das Spielsystem von Discordia ist schnell verstanden. Wenn ihr das Spielmaterial ein wenig vernünftig sortiert, nimmt auch der Aufbau nicht viel Zeit in Anspruch.
Bevor uns den Spielablauf mit seinen Aktionsmöglichkeiten in einem kurzen Überblick anschauen, möchte ich auf einige Grundlagen eingehen.
In Discordia geht es darum, eure Meeple wieder loszuwerden, indem ihr diese geschickt auf euren Stadtplättchen verteilt, die ihr vorher natürlich erst einmal bauen müsst. Mit dem Schiff, der Kaserne, dem Marktstand und dem Bauernhof stehen 4 unterschiedliche Stadtplättchen zur Verfügung. Die Plättchen zeigen immer eine unterschiedliche Anzahl kleiner Halbkreise in der eine bestimmte Anzahl und die entsprechende Farbe von Figuren angegeben sind. Zeigt das Stadtplättchen eine graue Figur in einem Halbkreis, so dürft ihr hier jede Farbe einsetzen. Grundsätzlich ist aber jedem Typus eine Farbe zugeordnet. So werden rote Figuren in der Kaserne eingesetzt und blaue Figuren auf dem Schiff, wohingegen gelbe Figuren auf den Bauernhof gehören und weiße an den Marktstand. Über die Aktion „Entsenden‘“ könnt ihr dann den entsprechenden Typus auf dem zugehörigen Plättchen einsetzen. Hierbei muss die Befüllung immer im Uhrzeigersinn erfolgen und jedes Feld muss komplett gefüllt werden. Des Weiteren zeigt jedes Plättchen immer noch ein oder 2 Würfelzahlen in rot, blau, gelb oder grau. Diese Zahlen sind elementar wichtig. Nehmt ihr im Rahmen eurer Aktion nämlich einen farblich und zahlentechnisch passenden Würfel (bei grau zählt jede Farbe) könnt ihr auf dem entsprechenden Plättchen eine Entsendungs-Aktion durchführen. Um im Spiel erfolgreich zu sein, gilt es hier Synergien zu erzeugen, die es euch ermöglichen, möglichst viele Meeple auf einmal platzieren zu können.
Das Spiel erstreckt sich über maximal 4 Jahre, die aus jeweils 5 Jahreszeiten bestehen. Gelingt es einem Spieler vor Ablauf der Zeit alle seine Meeple zu platzieren, endet das Spiel sofort.
Am Ende eines jeden Jahres müsst ihr einen Kampf kommt es zum Germanenüberfall. Um die Stärke der German zu ermitteln addiert ihr einfach die Zahl auf den beiden Plättchen. Das erste dieser beiden Plättchen liegt bereits zu Jahresbeginn offen, damit ihr euch schon einmal vorbereiten könnt. Außerdem zeigt euch dieses schon einmal den Schaden den ihr erleiden würdet, wenn ihr den Kampf nicht erfolgreich besteht. Dies bietet eine gute Möglichkeit um zu entscheiden, ob man vielleicht den Schaden einfach in Kauf nimmt, um seinen Fokus auf etwas Anderes zu richten. Das zweite Plättchen wird zu Beginn der vierten Jahreszeit umgedreht. Auf diesem ist auch die Belohnung ersichtlich. Eure Stärke entspricht der Anzahl eurer Figuren in vollbesetzten Kasernen oder auf Militärtürmen.
Ein Spielzug ist sehr einfach. So würfelt der Startspieler mit den drei Würfeln und platziert diese auf den entsprechenden Zahlen. Anschließend wählt er einen Würfel und nimmt diesen vom Spielbrett. Die übrigen Würfel stehen nun den anderen Spielern zur Verfügung, wobei auch alle den gleichen Würfel nehmen können. Nimmt ein Spieler den Würfel oberhalb dessen sich das Jahreszeitenschiff befindet, so erhält dieser den entsprechenden Bonus. Nun führt jeder Spieler mit seinem Würfel eine Hauptaktion und eventuelle Nebenaktionen durch.
Als Aktionsmöglichkeiten stehen immer die auf dem Plättchen unter dem Würfel angegebenen Aktionen zur Verfügung. Die entsprechenden Aktionsplättchen werden zu Spielbeginn zufällig auf die 6 Würfelwerte verteilt.
Schauen wir uns in aller Kürze die unterschiedlichen Hauptaktionen an.
Das Entsenden haben wir ja gerade schon angesprochen. Entsprechend der farblichen Aktionskennzeichnung (Schiff, Marktstand, Bauernhof oder Kaserne) platziert ihr Figuren aus eurem Vorrat auf dem nächstmöglichen Feld.
Des Weiteren gibt es die Möglichkeit einen Stadtausbau zu nehmen, um eure Stadt zu vergrößern. Auf unserem Tableau sind bereits einige Vorausbauten vorgedruckt, auf die ihr dann die entsprechenden Stadtplättchen legen könnt.
Eine andere, ebenfalls sehr wesentliche Funktion, ist das Entwickeln. Um entwickeln zu können, benötigt ihr Sterne, die ihr dann in die nächste Vertiefung eures Boards legt. Sofort profitiert ihr vom entsprechenden Effekt. Zu Spielbeginn stehen euch bereits 6 Sterne zur Verfügung. Doch ihr werdet weitere brauchen, da ihr diese auch für den Expeditionspfad benötigt. Sterne könnt ihr über eine Hauptaktion oder auch durch weitere Belohnungen erhalten.
Unter jeder Würfelspalte liegen auch zu Spielbeginn bereits so viele Stadtplättchen, wie Spieler teilnehmen. Als Hauptaktion kann auch ein Plättchen genommen werden, welches sich unter der Spalte der gewählten Augenzahl befindet. Die genommenen Plättchen werden nicht unmittelbar ersetzt. Dies geschieht immer in der vierten Jahreszeit und zu Beginn eines neuen Jahres.
Werfen wir noch einen kurzen Blick auf mögliche Nebenaktionen. Zu den Nebenaktionen zählen auch die Nutzung des Effekts des Jahreszeitenbootes und die Sonderentsendung aufgrund des genommenen Würfels. Beide Aktionen haben wir uns ja schon kurz angeschaut. Des Weiteren kommt es zu Nebenaktionen, wenn er bestimmte Felder der Expeditions- oder Entwicklungsleiste mit einem Stern belegt. Hier sind auch einige dauerhafte Effekte zu finden. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Erfüllung eines der ausliegenden Dekrete. Erfüllt ihr die Voraussetzungen nehmt ihr euch das Dekret, legt es auf den untersten freien Platz und erhaltet die auf dem Feld abgedruckten Boni. Als weiteren positiven Effekt deckt ihr auf den ersten beiden Feldern noch ein Infrastruktursymbol ab. Beim Bau des 4 und des 6 Stadtausbaus erhaltet ihr eines der ausliegenden Privilegien. Diese bringen einen dauerhaften Vorteil indem eine bestimmte Figurenfarbe von nun als Joker einsetzen könnt, was das Leben deutlich erleichtert.
Am Ende der 5 Jahreszeit eines Jahres kommt es dann als erstes zum Kampf gegen die Germanen, den wir uns ja oben schon angeschaut haben. Anschließend erhaltet ihr dann Einkommen, was eigentlich ja immer gut ist – allerdings nicht bei Discordia. „Einkommen“ erhält man hier nämlich in Form von neuen Figuren, die man aus dem Beutel ziehen muss. Um die Anzahl zu ermitteln müsst ihr alle Felder mit Infrastruktursymbolen zählen. Einige könnt ihr im Verlauf des Spiels mit, zum Beispiel, Sternen oder Dekreten abdecken. Das Weiteren müsst ihr für jedes Feld auf einem Stadtplättchen oder Militärturm, welches nicht mit einer Figur besetzt ist, eine zusätzliche Figur ziehen. Je nach Position eures Versorgungsrings dürft ihr vom nun ermittelten Wert noch etwas abziehen. Als letztes werden dann alle Figuren, die sich auf vollbesetzten Stadtplättchen befunden haben, wieder in den Beutel getan.
Die optimale Spielerzahl
Konzipiert ist das Spiel für 1 bis 4 Personen. Auf den Solo-Modus gehe ich im Anschluss kurz gesondert ein.
Eine Anpassung in Bezug auf die Spieranzahl gibt es bei den zur Verfügung stehenden Plättchen und Sternen. Ansonsten gibt es keinerlei Anpassungen. Diese sind auch nicht nötig. Das Spiel macht in jeder Teilnehmerzahl großen Spaß.
Wenn alle Teilnehmern mit den Regeln vertraut sind, dauert eine Partie zwischen 60 und 90 Minuten.
Auch an die Solo-Spieler wurde gedacht. Für diesen Modus liegen dem Spiel 14 Janusplättchen bei. Nach dem Würfeln deckt ihr einfach das oberste Plättchen auf und führt die entsprechende Anweisung aus. Meist ist dies das Entfernen eines Würfels. Des Weiteren entfernt ihr noch das zur Würfelzahl gehörende untere Stadtplättchen. Ist dieses bereits weg, nehmt ihr einfach das obere Plättchen. Ist dies auch nicht mehr vorhanden, macht ihr nichts. Außerdem zeigen die Plättchen immer noch etwas Anderes, zum Beispiel einen Turm, einen Stadtausbau oder ein Dekret, welches ihr ebenfalls entfernen müsst. Anschließend führt ihr euren Zug nach den regulären Regeln durch.
Auch alleine spielt sich das Spiel nahezu perfekt, da die Plättchen eben super die Aktionen eines anderen Mitspielers wiederspiegeln.
Eine Runde dauert so zwischen 40 und 45 Minuten.
Fazit
Schande über mich. Tatsächlich liegt Discordia schon seit der Spiel 2022 bei mir auf dem Stapel und kam erst jetzt auf den Tisch. Und das hat dieses Spiel ganz einfach nicht verdient.
Vom Kern her ist Discordia ein klassisches Würfelauswahlspiel. So nehmen wir einen der verfügbaren Würfel und führen eine der korrespondierenden Aktionen durch. Von daher ist der Mechanismus nichts Innovatives. Für ein sehr frisches Spielerlebnis sorgt allerdings das Spielziel. So ist es nicht unser Ziel die meisten Siegpunkte zu erringen oder das meiste Geld anzuhäufen, sondern alle unsere Spielfiguren loszuwerden.
Um dieses Ziel zu erreichen gibt es viele Möglichkeiten und es sind unterschiedliche Spielstrategien möglich.
Zunächst einmal steht man wie der bekannte Ochs vorm Berg und weiß nicht so recht, wie man denn hier vorgehen soll. Zur Verinnerlichung des Spielprinzips habe ich die ersten Partien allein gegen Janus gespielt. In den ersten beiden Spielen habe ich tatsächlich wenig Land gesehen und hatte am Ende des Spiels noch zahlreiche Figuren über, die ich nicht platzieren konnte. Doch bereits bei er dritten Partie wurde dies deutlich besser und man hat erkannt, wie man ungefähr vorgehen muss. Bei meiner ersten Mehrpersonenpartie konnte ich dann auch alle Männchen setzen. Das Spiel zeichnet sich durch eine enorme Lernkurve aus, die mir sehr gut gefällt.
Sehr schnell werdet ihr erkennen, dass der Nebenaktion Sonderentsendung eine sehr entscheidende Rolle zukommt. Des Weiteren hat sich in meinen Partien gezeigt, dass es auch sehr empfehlenswert ist Dekrete zu erfüllen, um zum einen ein Einkommensfeld abzudecken und zum anderen aber auch vom Bonus zu profitieren. Auch die Möglichkeit des Einsatzes einer Farbe als Joker kann spielentscheidend sein. Der Germanenüberfall ist auch immer eine Schraube, an der ihr drehen könnt. Wenn euch der Schaden nicht interessiert bzw. gar nicht trifft, dann lasst die Germanen einfach Germanen sein. Und habt auch immer ein Auge auf das Aquädukt…
Interaktion gibt es nur bei der Würfelauswahl, wenn der Startspieler eben den Würfel nimmt, den man selber gerne hätte. Man muss sich bewusst sein, dass es ansonsten keine Interaktion gibt. Folglich sollten Spieler, die sich Interaktion wünschen, um dieses Spiel einen Bogen machen.
Insgesamt gefällt mir Discordia außergewöhnlich gut und überzeugt in jeder Teilnehmerzahl. Von mir erhält es eine klare Empfehlung.
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