Fugitive – Jäger und Gejagter
Das rettende Flugzeug ist nah – 2- vielleicht noch 3 Karten benötige ich, um mein Ziel zu erreichen. Doch meine Verfolgerin ist mir dicht auf den Fersen. Kann ich das Flugzeug erreichen oder werde ich noch abgefangen?

„Fugitive“ von Tim Powers, bei Skellig Games erschienen, ist ein Deduktionsspiel für 2 Spieler.
Ein Blick in die Spieleschachtel
Der erste Blick gehört dieses Mal der Verpackung und die ist ein echter Knaller. Das Spiel bekommen wir in einem kleinen Aktenkoffer mit Magnetverschluss serviert. Das sieht einfach toll aus. In dem Koffer verbergen sich dann lediglich die 43 Versteckkarten, 17 Ereigniskarten, 2 Rollenkarten, eine widerbeschreibbare Notizkarte mit Stift und ein Ablagetableau für die Verstecke.

Auch die Anleitung ist sehr gut geschrieben und lässt keine Fragen offen.
Das Spielsystem
Das Spielsystem ist so einfach wie es genial ist. Als reines 2-Personen-Spiel übernimmt ein Spieler die Rolle des Flüchtenden und ein Spieler die Rolle der Polizeichefin, die ihm auf den Fersen ist. Auf die unterschiedlichen Rollen gehe ich im nächsten Kapitel gesondert ein.
Die Versteckkarten werden in drei Stapeln. 4 bis 14, 15 bis 28 und 29 bis 41, aufgeteilt und separat gemischt. Auf der Hand des Flüchtenden befinden sich die Karten 1 bis 3 sowie die Karte 42 und zusätzlich zieht dieser 3 Karten vom Stapel 1 und 2 Karten vom Stapel 2.

In seinem ersten Zug muss der Flüchtende 1 oder 2 neue Verstecke an die Kartenreihe, die bei 0 beginnt, anlegen. Hierbei gilt die Regel, dass das als nächste angelegte Versteck maximal um 3 höher sein darf, als das Vorgängerversteck. Nach einer 1 darf also maximal eine 4 gelegt werden. Diese Reichweite kann der Flüchtende allerdings erhöhen, indem er Sprintkarten unter seiner Versteckkarte legt. Die Anzahl der Sprintkarten muss für die Polizeichefin ersichtlich sein. Jede Sprintkarte ermöglicht ihm, je nach Anzahl der auf der Karte abgebildeten Sprintsymbole (1 oder 2), eine entsprechende Reichweitenerhöhung. Natürlich kann er auch bluffen, um die Verfolgerin zu irritieren. Wichtig ist, dass niemals ein Versteck mit einer niedrigeren Nummer an die Kartenreihe angelegt werden darf.
Ab Zug 2 muss der Flüchtende dann immer eine Karte von einem der 3 Stapel ziehen und darf 1 neues Versteck anlegen.
Im ersten Zug der Polizeichefin zieht diese 2 Karten von beliebigen Stapeln und kann anschließend eines oder mehrere Verstecke finden.
Ab Zug 2 zieht sie dann immer 1 Karte und entdeckt, zumindest hofft sie dies, eines oder mehrere Verstecke.

Das Spiel endet mit einem Sieg für den Flüchtenden wenn es diesem gelungen ist, Versteck 42 an die Kartenreihe anzulegen. Der Polizeichefin bleibt jetzt nur noch die Hetzjagd und diese ist nur möglich, wenn kein bisher entdecktes Versteck größer als 29 ist. Nacheinander nennt sie immer eine Zahl und wenn es ein Versteck ist, wird dieses aufgedeckt. Gelingt es ihr so doch noch alle Verstecke zu finden, dann war die Hetzjagd erfolgreich und der Flüchtende wurde doch noch geschnappt.
In meinen Spielen war, zumindest bis dato, noch keine Hetzjagd erfolgreich. Aber es ist ein mega spannender letzter Event des Spiels.
Die Polizeichefin gewinnt sofort, wenn es ihr gelungen ist, alle Verstecke des Flüchtenden zu entdecken.
Die unterschiedlichen Rollen
Die Rollen spielen sich komplett unterschiedlich und erfordern eine eigenständige „Einarbeitung“ in das Spiel, welches den Reiz daran ausmacht.

Als Flüchtender steht man ständig vor der Frage ob,
und wenn ja, wie viele Karten man denn ausspielen möchte. Spielt man lediglich eine Karte aus, so ist es für die Polizeichefin einfacher Schritte nachzuverfolgen, denn es ist ja nur eine maximale Reichweite von 3 möglich. Oder spielt man zusätzlich noch Sprintkarten aus, um seine Reichweite zu erhöhen. Dadurch reduziert man seine eigenen Möglichkeiten im nächsten Zug. Natürlich ist es auch möglich zu bluffen, um so die Verfolgerin in die Irre zu führen. Auch keine Karte ausspielen ist manchmal eine Option, um vielleicht noch eine passendere Karte zu ziehen.

Als Polizeichefin kann man anhand des Notizzettels
einige Verstecke ausschließen und durch bereits entdeckte Verstecke auf weitere schließen. Hier spielt vor allem Kombinationsgeschick eine entscheidende Rolle. Doch auch das Kennen des Gegenspielers darf nicht unterschätzt werden. Auch steht die Polizeichefin immer vor der Entscheidung nur ein Versteck oder gleich mehrere zu entdecken. Das Problem bei mehreren Verstecken ist es, dass der Flüchtende nicht ein einziges aufdecken muss, wenn auch nur eine der genannten Zahlen falsch war.
Ich habe mehrere Male jede Rolle gespielt und kann gar nicht sagen, welche mir besser gefällt, da beide ihren Reiz haben und ein völlig anderes Spiel erfordern und damit ein völlig anderes Spielerlebnis bieten. Auch schwierigkeitstechnisch kann keine Aussage getroffen werden. Für Einsteiger sind beide Rollen gleichermaßen gut geeignet.
Aufgrund des Ziehens der Karten kommt natürlich ein gewisser Glücksfaktor ins Spiel, der sich auch nicht wegdiskutieren lässt. Ich hatte auch, allerdings nur ganz selten, Partien dabei, wo es einfach nicht voran ging und ichdeshalb erwischt wurde. Deutlich mehr kommt es allerdings auf Kombinationsgeschick und vor allem auf die Einschätzung seines Gegenübers an.

Die Ereigniskarten
Dem Spiel liegen zusätzlich noch 17 Ereigniskarten bei. Mit diesen Karten lassen sich 4 unterschiedliche Varianten spielen, die dem Spiel noch einmal eine neue Varianz geben.
Besonders gelungen finde ich hier die Variante „Hilfreiche Ereignisse“, da diese nur einen Spieler unterstützt. So ist es problemlos möglich, dass Spiel auch mit einem unerfahreneren Spieler zu spielen, da die Ereignisse nur ihm von Nutzen sind.
Die Variante „Ausgleichende Ereignisse“ unterstützt immer den Spieler, der gerade zurückliegt, was dem Spiel noch einmal einen neuen Impuls gibt, da sich der führende Spieler niemals „zurücklehnen“ kann.
Als weitere Varianten gibt es noch die „zufälligen Ereignisse“ und die „Entdeckungen“.
Die Ereigniskarten weisen immer einen sehr schönen Kontext auf. So sorgt zum Beispiel der "Bellende Hund" dafür, dass unter das Versteck eine zusätzlihe Sprintkarte gelegt werden muss. Ergibt Sinn, da der Flüchtende ja schnell wieder Entfernung zum Hund zurücklegen muss. Andersrum sorgt eine "Menschenmenge" dafür, dass die Karte als zusätzliche Sprintkatte gilt, was ebenflls Sinn ergibt, da in der Menschenmenge Schutz gesucht werden kann.

Fazit
Es ist schon mehr als beachtlich, was Tim Powers hier mit 43 Karten, mehr würde es theoretisch nicht benötigen, da Tableau etc. nur klasse Beigaben sind, für uns Spieler gezaubert hat.
„Fugitive“ ist ein erstklassiges Katz- und Mausspiel, welches eine ungeheure Spannung aufweist. Viele unterschiedliche Strategien sind möglich, die zum Sieg führen können. Insbesondere in immer der gleichen Spielkonstellation, entwickelt sich ein echtes Psychoduell.
Die Ereigniskarten sorgen außerdem noch für zusätzliche Varianz des Spiels. Mal verwende ich die Karten und bei der nächsten Partie dann wieder nicht.
Bei einer Spielzeit von knapp 15 Minuten pro Spiel ist "Fugitive" ein Spiel, welches hervorragend zu jeder Zeit mal schnell gespielt werden kann - Achtung: Ich warne vor einem extrem hohen Suchtfaktor.
Für Fans von 2-Personen-Spieler ist das Spiel ein absolutes must have.
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