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Tim Nau

Tudor - Corax Games

Willkommen am Hofe von Henry Tudor

Macht und Prestige ist es, was am Hofe zählt. Und genau das wollen wir erreichen. Tudor ist ein Worker-Placement-Spiel von Jan Kirschner für 2 bis 4 Personen, welches sich durch einen sehr schönen Mechanismus auszeichnet. Wie dieser funktioniert und wie sich das Spiel insgesamt schlägt, möchte ich euch in meiner Rezension genauer darstellen.


Ein Blick in die Spieleschachtel

Beim Öffnen der Schachtel freuen sich zunächst einmal die Augen. Das Material sieht toll aus und ist hochwertig gearbeitet. Absoluter Eyecatcher sind natürlich die Ringe und die überdimensionalen Hände, die als Sichtschirm fungieren und auf deren Finger die Spieler ihre Ringe stecken. Zusätzlich sind auf der Rückseite des Spielerschirms noch die Sonderaktionen zu sehen, die je nach Positionierung der Ringe genutzt werden können.


Ohne Frage sehen die Hände toll aus und machen auch am Spieltisch richtig was her. Ich persönlich finde sie ein wenig wacklig und ein Umfallen ist in meinen Partien nicht nur einmal vorgekommen. Besser gefallen mir da die Ringe, die im beiliegenden Ringhalter ein echter Hingucker sind. Leider gestaltet sich der Aufbau der Aufbewahrungsbox für die Ringe als sehr problematisch, da sich diese nicht ohne Beschädigung zusammenfalten lässt. Dies ist sehr ärgerlich.


Der Bilderrahmen - eine geniale Idee

Absolutes Highlight ist der

Bilderrahmen, der als Rundenanzeiger fungiert. Nicht etwa, weil dieser so toll aussieht. Nein, es verbirgt sich dahinter eine geniale Idee. Dieser Bilderrahmen wird um das Porträt einer der Ehefrauen von Heinrich gelegt, die auf dem Spielbrett inklusive Lebensjahre abgedruckt sind. Herrlich schwarzer Humor. Überhaupt ist das Spielbrett wunderschön gestaltet und vor allem doppelseitig, eine Seite für 2 Spieler und eine Seite für mehr als 2 Spieler, bedruckt.


Thematisch ist das alles super toll gestaltet und sieht wunderschön aus.




Das Spielsystem

Auf dem überdimensionalen Spielbrett führt man mit seinen Höflingen, seinem Adligen und den Familienangehörigen die einzelnen Aktionen durch.

Hier wendet man einen klasse Kniff an, der den großen Reiz an "Tudor" ausmacht und das Spiel in den Kennerspielbereich hebt. Die Musik spielt nämlich in zwei Bereichen. Es gibt zum einen die Anhörungsräume und zum anderen den Thronsaal. Was daran so interessant ist, möchte ich nun ein wenig genauer darlegen.


Es gibt drei Anhörungsräume, in denen die Höflinge ihre Sorgen vortragen können und durch die entsprechend zugeordneten Aktionen den Familienangehörigen, die im Thronsaal eingesetzt werden, zu mehr Prestige verhelfen. Diese „Sorgen“ tragen sie einem Adligen vor. Bevor es allerdings in den Anhörungsraum geht, müssen sich die Höflinge brav auf einen Wartestuhl setzen und auf Einlass warten. Dies alles ist thematisch klasse umgesetzt und wirkt sehr authentisch.


Doch der Kniff geht noch ein wenig weiter, da zunächst erst nur die Höflinge gesetzt werden und anschließend erst der Adlige. Dies führt dazu, dass auch nur die Höflinge ihre Sorgen vortragen dürfen, die in einem Anhörungsraum treten, der anschließend auch mit einem Adligen besetzt wird. Genaues Planen und Taktieren ist hier gefragt. Jeder Anhörungsraum bietet zwei unterschiedliche Aktionsmöglichkeiten von denen die Höflinge eine Aktion auswählen dürfen. Der höher gestellte Adlige, darf beide Aktionsmöglichkeiten durchführen. Es geht mit den Kniffen im Spiel allerdings weiter. Während die Adligen die Räume wieder verlassen, bleiben die Höflinge in den Räumen und werden erst durch den Einsatz neuer Höflinge „verdrängt“. Auch hier ist einiges an Taktieren möglich.


In allen Aktionen geht es schlussendlich

darum Familienangehörigen im Thronsaal zu mehr Ansehen zu verhelfen, indem diese sich immer weiter nach oben bewegen. Dies geschieht immer entweder durch den entsprechenden Ring oder die entsprechende Staatskunstkarte, da der „Weg nach oben“ im Thronsaal durch Staatskunstplättchen gepflastert ist, die nur so betreten werden können. Mit entsprechender Kombination der Aktionen in den Anhörungsräumen lassen sich klasse Bewegungsketten bilden. Zusätzlich erhält der Spieler noch den entsprechenden Einfluss- oder Intrigenmarker des Feldes, auf dem der Familienangehörige seinen Zug beendet und diese ermöglichen ihm, je nach ausliegender Karte, noch weitere Möglichkeiten.


Das Besondere ist jetzt zusätzlich noch, dass sich eben die Gegebenheiten immer ändern können. So gibt es, je nach ausliegender Situationskarte, noch die Optionen, dass der Gegenspieler plötzlich innerhalb seines Zuges die Anordnung der Staatskunstplättchen ändert oder einen Familienangehörigen aus dem Thronsaal vertreibt. Da hilft die beste Planung nichts und eine Neuplanung ist gefragt – das bringt die Spielerköpfe ordentlich zum Qualmen.


Das Salz in der Suppe

In jedem Spiel gibt es Siegpunkte für zwei Wertungskarten und außerdem kommt noch eine Situationskarte zum Tragen, die die Gegebenheiten ändert. Insgesamt gibt es 6 Wertungskarten und 5 Situationskarten.


In der Anleitung wird eine Einsteigervariante dargestellt. Hier geht es darum eine möglichst hohe Position im Thronsaal zu erreichen und möglichst viele Staatskunstplättchen zu sammeln da es dafür, je nach Anzahl, noch einmal Siegpunkte am Ende des Spiels gibt. Hier kommt das Spiel nicht über ein leichtes Kennerspielniveau heraus.


Die Wertungskarten

Das Salz in der Suppe ist der Einsatz

aller im Spiel befindlichen Wertungskarten und Situationskarten, die jede Partie einzigartig machen und die für jedes Spiel eine andere Taktik erfordern.

So gibt es bei den Wertungskarten mal eine unterschiedliche Anzahl an Siegpunkten, ja sogar Minuspunkte, für die einzelnen Staatskunstplättchen oder es erfolgt am Ende jeder Runde eine Wertung für die Spalten im Thronsaal statt.

Ich persönlich empfehle die Wertungskarten unabhängig von ihrer Farbe zu mischen, um die komplette Varianz zu erreichen.

Die Situationskarten

Noch mehr Taktik kommt durch die

Situationskarten ins Spiel und „Tudor“ zeigt das ganze Spektrum der Stärke, die dieses Spiel ausmacht. Neben den Startbedingungen, also dem Startjahr und die Anzahl der Höflinge, die in jeder Runde neu in das Spiel kommen, schlägt hier die Stunde der bereits angesprochenen Einfluss- und Intrigenmarker. Jede Karte bietet die Möglichkeit einer Sofortaktion (diese muss unmittelbar nach Erhalt des entsprechenden Markers ausgeführt werden) und einer Aktion, die im Laufe des Spiels ausgeführt werden kann oder sie bietet zwei Sofortaktionen oder zwei Aktionen im laufenden Spiel. Hier kommt eine ungeheure Varianz in das Spiel und jede Situationskarte benötigt eine eigene Taktik. So besteht zum Beispiel die Möglichkeit Staatskunstplättchen auf dem Spielfeld zu tauschen, Positionen der Höflinge in den Audienzräumen zu tauschen, Bewegungen bzw. Aktionen auszuführen oder auch andere Familienangehörige aus dem Thronsaal zu verbannen.


Besonders gelungen finde ich die Namen der einzelnen Wertungs- und Situationskarten. Diese verleihen dem Spiel noch mehr Authentizität. So heißen die Karten zum Beispiel „Das Streben nach Macht“, „Aufstieg und Fall“ oder „Opportunistische Verbindungen“.


Weiteres Salz ist der Aufstieg der Familienangehörigen, die sich im Thronsaal, wie dargelegt, immer weiter nach „oben“ bewegen und irgendwann das entsprechende Amt besetzen. Dieses hat der Spieler solange inne, bis er aus dem Amt durch einen anderen Spieler wieder verdrängt wird. Bei Einnahme des Amtes erhält er einen Ring seiner Wahl, den er auf einen Finger der Hand stecken darf. Die Anordnung der Ringe ermöglicht nun noch weitere Spezialaktionen. Diese „Ringaktionen“ verstärken bzw. verändern die Aktionen in den einzelnen Audienzräumen. So ist es mit der entsprechenden Kombination zum Beispiel möglich anstelle von 2 verschiedenen Staatskunstkarten für 2 verschiedene Ringe auch 2 gleiche Staatskunstkarten von 1 Ring zu erhalten.


Ein Kennerspiel der gehobenen

Kategorie

Die zahlreichen unterschiedlichen Varianten von Wertungs- und Situationskarten, die zudem noch ergänzt werden können indem man noch die 8 beiliegenden Opportunitätsmarker verwendet, machen „Tudor“ zu einem gehobenen Kennerspiel mit hohem Widerspielwert.

Gelegenheitsspieler werden durch diese Varianz eher überfordert und dürften schnell die Lust am Spiel verlieren. Die Einsteigervariante ermöglicht es allerdings auch Gelegenheitsspieler in das Spiel zu schnuppern. Hier kann man wachsen, wenn einem die Spiellust dann packt.


Fazit

Dank der unterschiedlichen Kartenkombinationen, die jedes Spiel einzigartig machen, gehört "Tudor" für mich zu den sehr guten Spielen in diesem Bereich. Jedes Spiel verlangt ein neues Einstellen, da es immer andere Faktoren sind die es zu beachten gilt, um Siegpunkte zu sammeln. Dazu kommen die tollen Kniffe beim Einsetzen der Höflinge und des Adligen die dafür sorgen, dass auch Expertenspieler gut bedient werden. Es kommt hier auch regelmäßig dazu, dass man eine etwas längere Zeit zum Überlegen einplanen sollte. Dies führt dazu, dass man „Tudor“ nicht mit Spielern spielen sollte, die wirklich jeden Zug komplett durchdenken, um das maximale Ergebnis herauszuholen, da es dann zu einer längeren Downtime kommen könnte. Mir haben Partien in jeder Spieleranzahl gut gefallen.


Ein Preis von ca. 50 € klingt zunächst einmal nicht gering. Aufgrund des umfangreichen Spielmaterials geht dieser, aus meiner Sicht, allerdings vollkommen in Ordnung. Kritisch sehe ich lediglich die Aufbewahrungsbox der Ringe.


Insgesamt ist „Tudor“ ein sehr gutes Spiel, welches bei mir noch öfter auf den Tisch kommen wird.


+ thematisch toll gestaltet

+ Hoher Widerspielwert

- Hände sehen toll aus aber fallen zu schnell um

- Qualität des Ringhalters

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